Ein bemerkenswertes Konzept

6.10.2016, 20:49 Uhr

Wie wollen wir in Zukunft leben? Diese Frage stand auf dem Flyer der Ankündigung und zu Beginn der Veranstaltung im Raum. Christ, Architekt, Stadtplaner und Gründer des „Urban Index Institut“, war auf Einladung der Nürnberger SPD in das Künstlerhaus gekommen.

Am besten lässt sich sein Projekt, die Neue Nordstadt in Ladenburg (Baden-Württemberg), charakterisieren, wenn man sich jenes Bild vor Augen hält, das die Planungswerkstatt zeigt. Hier ist der Professor inmitten der Bürger Ladenburgs zu sehen, die gerade Städtebau mit Holzklötzen betreiben.

So verspielt das wirken mag, Christ meint es ernst mit der Beteiligung: Mit den 3000 Bausteinen sollte es den Bürgern auch leichtgemacht werden, die Dimension zu erfassen, im wahrsten Wortsinn zu „begreifen“. Der Gedanke dahinter sei auch, Risiken bei der Planung klein zu halten und möglichst viele Menschen miteinzubeziehen, die dort investieren, bauen und wohnen wollen.

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Christ hat eine klare Vorstellung davon, worauf es in Zukunft ankomme. Demnach falle dem städtischen Raum künftig immer mehr Bedeutung zu. Während das eigene Auto nur noch eine untergeordnete Rolle spielen werde, rücke die Mobilität durch öffentliche Verkehrsmittel oder Carsharing deutlich in den Vordergrund. Vereinfacht gesagt, gehe es laut Christ darum, zwei Welten zu vereinen. Da sei zum einen die unaufhaltbare und schnell fortschreitende digitale Entwicklung, zum anderen aber ist da auch das Wohlbefinden des Einzelnen, die Bedürfnisse seines Körpers.

Städte als Wohnzimmer

Smartphone mit kostenfreiem WLAN und eine Tasse Latte Macchiatto. Das, was einige Kaffee-Ketten erfolgreich macht, brauche es in den Städten. Sie müssten zu einem zweiten Wohnzimmer werden, sagt Christ. Und erzählt von flauschigen Sofas in der Gastronomie, von jeder Menge Grün in den Städten. „Stadt muss schön sein“, betont Christ den Wunsch nach Erholung und Ästhetik gleichermaßen.

Zumal seiner Ansicht nach dem ländlichen Raum durch die Energiewende mit ihren Windrädern, Solaranlagen und Folien auf den Feldern zunehmend der „kontemplative Charakter“ verloren gehe. Christ: „Was der Schrebergarten im 20. Jahrhundert war, ist heute die lebendige Mitte.“ Für 2018 ist der Baubeginn des Areals in Ladenburg geplant.

Davon inspiriert, gab es im Anschluss noch eine Diskussion unter der Moderation von Christine Kayser, umweltpolitische Sprecherin der SPD-Stadtratsfraktion. Nürnbergs Umweltreferent Peter Pluschke und Baureferent Daniel Ulrich stimmten dem Referenten des Abends in den meisten Punkten zu. „Grün“, so hieß es, „könne man gar nicht hoch genug einschätzen.“ Was nicht möglich sei: „Wir können kein allgemeingültiges Konzept entwerfen“, sagte Ulrich im Hinblick auf die Vielfältigkeit Nürnbergs. Man müsse stets die räumlichen Gegebenheiten im Auge behalten. Was für das ehemalige Coca-Cola-Areal gelte, sehe in Wetzendorf schon ganz anders aus.

Man sei auf einem guten Weg im Hinblick auf die Nahverkehrserschließung und stehe vor riesigen Chancen, etwa im neu entstehenden Stadtteil am Hasenbuck. Mit der „Stadt am Wasser“ sei auch im Hochsommer
ein angenehmer Aufenthalt gewährleistet.

Eine Besucherin wollte wissen, warum man die Abkehr vom Auto nicht mehr vorantreibe. „Da braucht es ein Umdenken — aber das wird kommen“, sagt Ulrich, „wir können nicht einfach mit dem Kopf durch die Wand.“ Warum nicht mehr Parkhäuser am Oberdeck begrünt werden können, interessierte eine weitere Teilnehmerin, die am Wöhrder See wohnt. „Bei privaten Parkhäusern schwer durchzusetzen“, antwortete der Baureferent. Selbst wenn es eine Verordnung gebe, würde es juristische Spitzfindigkeiten geben, die die Eigentümer von der Auflage befreien. „Dann werden halt die Pflanzen nicht gegossen und verkümmern.“ Aber die Öffentlichkeit könne hier immer Druck machen.