"Erschreckend": Ein Nürnberger Müllmann berichtet

23.10.2019, 06:03 Uhr

Seit drei Jahren arbeitet Armin S., der anonym bleiben möchte, als Müllmann bei einer privaten Entsorgungsfirma, die im Auftrag der Stadt Nürnberg unterwegs ist, um die Blauen Tonnen zu leeren. Vor dem Einfüllen des Altpapiers gehört der obligatorische Griff zum Deckel und der Kontrollblick auf den Inhalt dazu. Dabei machen er und seine Kollegen zunehmend unliebsame Entdeckungen. Insbesondere in zwei Stadtteilen im Nürnberger Westen.


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"Ich finde es dermaßen erschreckend, dass in Gegenden wie Muggenhof oder Schweinau die Blauen Tonnen fast zu 60 Prozent mit Restmüll und Glasflaschen befüllt sind", berichtet Armin S. und fragt betroffen: "Wohin soll das führen?" Es werde "immer schlimmer", sagt er. Kürzlich habe er "sogar einen kompletten Farbfernseher" in einem Altpapierbehälter gefunden.

Auch prall gefüllte Gelbe Säcke oder Gaskartuschen seien in die Blauen Tonne geworfen worden. Nicht selten mit Kartonagen bedeckt, weshalb die sogenannten "Störstoffe" von den Müllladern nicht gleich gesehen werden. Klar ist nämlich: In den Mülltonnen herumwühlen dürfen die "Lader" eigentlich nicht, gefordert ist lediglich ein Kontrollblick, seitdem einmal ein Obdachloser in einem Altpapierbehälter genächtigt hatte und um ein Haar im Müllfahrzeug gelandet wäre.

Der erste Hinweis an die Bewohner ist ein gelber Aufkleber

Klar ist: Wenn private Müllmänner eine fehlerhaft gefüllte Blaue
Tonne entdecken, nehmen sie diese nicht mit. Bei der ersten Auffälligkeit wird ein gelber Aufkleber angebracht und darauf hingewiesen, besser die Abfälle zu trennen, so Thomas Braun vom kommunalen Abfallwirtschaftsbetrieb ASN. Bei gröberen Mängeln kommt es zu einer kostenpflichtigen Sonderleerung. Bei wiederholten Verstößen, die als Ordnungwidrigkeiten gelten, werden Bußgelder in Höhe von 50 bis 100 Euro, im Extremfall sogar bis zu 20.000 Euro fällig. Laut Braun hat es solche Fälle in Nürnberg aber noch nicht gegeben.

Vor allem auf Aufklärung setzt Johanna Kiefer, kaufmännische Leiterin der privat geführten Arbeitsgemeinschaft Nürnberger Abfallwirtschaft (a.n.a.), über die seit 1991 das Leeren der Blauen Tonne durchgeführt. Momentan teilen sich die drei Firmen Veolia, Ernst und Hofmann die Aufgabe. Das Aufklären sei eine "mühselige Angelegenheit", aber Kiefer sieht hier durchaus Erfolge.

Oft würden auch Infos an die Hausverwaltung ausreichen, um Müllprobleme zu beseitigen. Ansonsten appelliert Kiefer an die Bürger, Verstöße telefonisch über die Hotline-Nummern 2 44 78 84 oder 2 44 79 83 der a.n.a. zu melden. Grundsätzlich sieht sie aktuell aber keine auffällige Zunahme von Fehlern bei der Mülltrennung. Proteste habe es zuletzt vor allem wegen der teils verfrühten Auslieferung der neuen Gelben Tonnen gegeben. Viele Müllmänner haben die Verärgerung über die Platzprobleme vor Ort hautnah mitbekommen.

Verstöße meldet Armin S. in der Regel beim Disponenten. Aber er hat auch schon direkt Hausmeister angesprochen, die dann die Mülltrenn-Regeln mehrsprachig aushängten – "und das mit Erfolg", wie er sagt. Deshalb hofft er, dass die Probleme mit der Blauen Tonne im Nürnberger Westen gelöst werden können. Ihm ist wichtig, mit seinem Vorstoß "einigen Menschen die Augen zu öffnen".