Fall 34: Die Decke ist hinten und vorn zu kurz

18.12.2019, 08:59 Uhr

Die Kinder bestmöglich fördern und ihnen etwas bieten – das wollen natürlich auch Alleinerziehende, doch oft fällt es ihnen viel schwerer als anderen. © Foto: Kinderschutzbund Erlangen

Ohne jede Unterstützung durch die Väter ihrer vier Kinder im Alter zwischen elf und 17 Jahren schlägt sich die heute 37-Jährige seit jeher alleine durch. Das ist längst zu einer übermäßigen Belastung geworden: Früher konnte sie aufgrund des geringen Altersunterschieds der Kinder nicht voll in ihrem erlernten Beruf als Einzelhandelskauffrau arbeiten und rutschte in den Bezug von Hilfen zum Lebensunterhalt (Hartz IV).

Dennoch versuchte sie immer, nebenbei geringfügig zu arbeiten, um den Kindern mehr als das Nötigste bieten zu können. Sie ging putzen, trug Zeitungen aus oder kellnerte, wenn sie jemanden fand, der abends auf die Kinder aufpasste. "Sie sollen schon sehen, dass das Geld nicht einfach so auf dem Tisch liegt, sondern man etwas dafür tun muss", sagt die Mutter. Als die Kinder älter wurden, klappte es auch wieder mit einer geregelten Tätigkeit – und damit der Absprung aus Hartz IV.

Doch seit zwei Jahren belasten die Sorgen um den jüngsten Sohn Max die Familie noch mehr. Der Elfjährige war immer in seiner Entwicklung zurück. Er hatte erst mit zwei Jahren zu laufen begonnen, lernte erst mit vier Jahren sprechen. Er konnte dennoch viel aufholen, auch weil sich Sandra L. immer um Hilfe von Therapeuten bemühte.

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Zumutung für die Söhne

Doch inzwischen hat er massive Probleme – emotional, wie kognitiv. "Derzeit sind die Ärzte am Suchen, was eigentlich mit ihm los ist", sagt Sandra L. Max, der im Moment in einer Tagesklinik behandelt wird, hat auch viele Schwierigkeiten im Alltag, an der Förderschule kam er nicht mehr zurecht. Oft musste Sandra L. ihren Arbeitsplatz verlassen, um ihn von dort wieder abzuholen. Solche Zwischenfälle, die vielen Gesprächs- und Untersuchungstermine haben sie inzwischen wieder aus dem Job katapultiert.

Das Leben der Familie ist mehr als bescheiden. Zu fünft haust sie in einer dürftig ausgestatteten Wohnung unter dem Dach, in der nur das Nötigste steht – und das ist entweder beschädigt oder kaputt. Die drei Söhne müssen sich ein kleines Zimmer teilen: Die zwei Großen schlafen im Stockbett, Max nächtigt auf einer Matratze auf dem Fußboden. Das ist für alle drei eine Zumutung.

Damit Max künftig ein eigenes Zimmer hat, wie die Ärzte empfohlen haben, will Sandra L. ins Wohnzimmer ziehen und auf dem Sofa schlafen. Doch das ist völlig durchgelegen, das Geld für ein neues fehlt aber. Und da wären noch all die anderen "Baustellen", die stark an den Kräften von Sandra L. zehren: So findet Tochter Kerstin, die mit ihrem Mittelschulabschluss von einer Ausbildung zur Zahnarzthelferin träumt, einfach keinen Platz. Obendrein streiken Geräte wie die Waschmaschine.

Spektakulär mögen sich all die Strapazen nicht ausnehmen – und genau deshalb greift die Weihnachtsaktion die Lebenssituation dieser Familie auf, steht sie doch beispielhaft für Hunderte von ähnlichen Schicksalen. Um Alleinerziehende geht es in mehr als jedem zweiten Antrag auf Unterstützung, der bei der Weihnachtsaktion eingeht. Und immer gilt: Mit knapper Not reicht es meist noch für das Allernötigste, größere Anschaffungen, von Hausgeräten bis zu Extras für die Kinder, sind "nicht drin".