Im Ganzen: Tonkrüge auf Nürnberger Baustelle gefunden

12.10.2017, 05:54 Uhr

Ein archäologischer Fund wie dieser wurde auf einer Baustelle in der Lorenzer Altstadt entdeckt. © Jan Woitas/dpa

Das Grundstück ist eine Baulücke direkt neben der ehemaligen Schmidtbank, also in der Nähe der Theatergasse. Die 380 Quadratmeter Boden bieten einen  Querschnitt durch ein halbes Jahrtausend: Wer hat auf dem Areal an der Johannesgasse gelebt und welche Spuren hat er hinterlassen? Das mittelalterliche Haus mit Werkstatt wurde zwar bei der Bombardierung Nürnbergs am 2. Januar 1945 komplett zerstört. Doch die im Erdreich vorhandenen Relitke blieben erhalten - wie etwa die Überreste von drei Öfen: Sie sind ein deutlicher Hinweis auf Bronzegießer.

Doch auch Rechenpfennigmeister und Stecknadelmacher hatten früher hier ihre Werkstätten: Viele  Münzen und Nadeln sind beim sorgfältigen Sieben und der Arbeit mit dem Pinsel zum Vorschein gekommen. Wozu brauchte man überhaupt Rechenpfennige, die ja keine Währung darstellten? "Es war der mittelalterliche Taschenrechner für die Kaufleute, mit den Rechenpfennigen konnten sie gut arbeiten", berichtet Grabungsleiter Gunnar Gransche von der Firma Archäologistik aus Bamberg.   

Interessant ist, dass in der Baugrube an der Johannesgasse auch ein Rechenpfennig mit dem Kopf des französischen Königs Ludwig XV. gefunden wurde. Für Nürnbergs Stadtarchäologen John Zeitler ist dies ein Hinweis, dass die Globalisierung nicht erst im 20. Jahrhundert begonnen hat. Offenbar hat es sich für den Nürnberger Handwerker gelohnt, Rechenpfennige mit französischer Prägung herzustellen und nach Frankreich zu exportieren. Auch wenn die hiesigen Handwerker eine starke Konkurrenz aus den Niederlanden hatten, so Zeitler, so waren die Nürnberger Erzeugnisse doch sehr gefragt.

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Das Auffinden von Rechenpfennigen könnte zwar auch auf einen Kaufmann hindeuten, der einst in dem mittelalterlichen Haus gearbeitet hat. Doch der Stadtarchäologe  glaubt dies nicht: Der Fund weist für ihn eindeutig auf einen Rechenpfennigmeister hin: Neben den fertigen Rechenpfennigen wurden auch Münzen mit verrutschtem Stempel sowie Rohmaterial für Rechenpfennige gefunden - eindeutige Belege für die verschiedenen Arbeitsgänge des Rechenpfennigmeisters also.

Die Archäologen haben ihre sieben Monate dauernden Arbeiten abgeschlossen. Nun kann die Baugenossenschaft für den Stadt- und Landkreis Bamberg hier ein Boardinghouse mit 17 Wohneinheiten errichten. Ende 2018 sollen die  Mieter einziehen können. Die Mietverträge sind jeweils höchstens auf ein halbes Jahr befristet. Das Zielpublikum sind meist Mitarbeiter von großen Firmen, wie C & A, Puma, Wöhrl oder Adidas, die nur zeitlich befristet - etwa zur Weiterbildung  - nach Nürnberg oder in die Region kommen.