Konsulin Schickedanz hört auf

16.7.2009, 00:00 Uhr

Für die Vertretung von rund 20.000 Griechen in Nordbayern ist dies eine Zäsur: Seit 1961 hatte Griechenland das konsularische Ehrenamt in Franken der Familie Schickedanz anvertraut: Zunächst Gustav Schickedanz, nach seinem Tod der Ehefrau Grete und seit 1995 Tochter Madeleine. Einen konkreten Zeitpunkt, wann sie das Amt niederlegt, gibt es bislang nicht. Doch vorstellbar ist, dass sie zum Jahreswechsel aufhört.

In dem griechischen Honorarkonsulat am Hallplatz arbeiten vier Beschäftigte: Sie geben Reisepässe aus, die beim Generalkonsulat in München bearbeitet wurden, und ersparen den Griechen aus Mittel- und Oberfranken sowie der Oberpfalz weite Wege in die bayerische Landeshauptstadt. Im Nürnberger Büro kann man außerdem Geburten eintragen, Ehen und Todesfälle registrieren sowie notarielle Urkunden ausstellen lassen.

Auch Funktion als Sozialstation

Etwa 300 Personen suchen wöchentlich die Räume am Hallplatz 23/25 auf, um Schriftstücke abzuholen oder Auskünfte zu bekommen. «Wir fungieren auch ein bisschen als Sozialstation», erklärt Konsulatsleiterin und CSU-Stadträtin Aliki Alesik, «alle vier Kolleginnen stammen aus Gastarbeiter-Familien, wir kennen die Probleme.» Ob jetzt die Gefahr groß ist, dass das Honorarkonsulat geschlossen wird? «Das kann ich nicht beurteilen, es liegt nun an der Republik Griechenland, wie es weitergeht.»

Ein Interessent für das Ehrenamt muss über einen dicken Geldbeutel verfügen: Zwischen 150 000 Euro und 170 000 Euro sind pro Jahr nötig, um den Betrieb angemessen am Laufen zu halten. Ob es einen konkreten Bewerber gibt, kann Alesik, die seit fast 40 Jahren im griechischen Konsulat mitarbeitet, nicht sagen: «Das weiß ich nicht, und ich empfände es auch geschmacklos, jetzt über einen Nachfolger zu spekulieren, solange Frau Schickedanz im Amt ist.»

Keine eitle Titel-Sammelei

Momentan gibt es in Nürnberg zwei Generalkonsulate (Italien, Türkei) und zwölf Honorarkonsulate. Für zwei neue diplomatische Niederlassungen laufen außerdem Anträge. Dabei handelt es sich nicht um eine eitle Posten- und Titel-Sammelei. Armin Siegert von der Industrie- und Handelskammer erklärt, worin er den Wert von Honorarkonsulen sieht: «Es sind Vertrauenspersonen mit wichtigen Kontakten. Über sie kommt man leichter an politische Entscheidungsträger heran. Ihren Einfluss sollte man nicht unterschätzen.»

Derartige konsularische Niederlassungen seien wichtige Faktoren für das Standort-Marketing: Nürnberg sei als Stadt und Region in den jeweiligen Ländern präsent, auch kämen oft geschäftliche Kontakte über die diplomatische Schiene zustande. Gerade mit dem Nachbarland Österreich arbeite man auf dieser Ebene hervorragend zusammen, betont IHK-Mitarbeiter Siegert.

Aus seiner Sicht «ist es kein Problem», geeignete Kandidaten für das Amt des Honorarkonsuls zu finden. Für Griechenland weiß er drei zuverlässige, qualifizierte Personen, «die sicher übernehmen würden». Doch die Neubesetzung ist ausschließlich Angelegenheit der griechischen Regierung. Man kann zwar Namensvorschläge nach Athen melden, doch die Prüfung, Abwägung und schließlich Ernennung liegt bei Hellas.

Erfahrungsgemäß zieht sich der formale Weg bei Konsul-Ernennungen generell zeitlich in die Länge. In einem Fall habe man sogar drei Jahre gewartet, ehe der neue Ehrenamtliche seitens des ausländischen Staates bestätigt wurde. Auch abseits der diplomatischen Schiene knüpft die IHK weiter an einem dichten internationalen Netz: In der zweiten Jahreshälfte will eine weitere Niederlassung von Chinesen ihr Büro in Nürnberg eröffnen. Die Industrie- und Handelskammer von Shanghai ist sehr interessiert an einem Standbein in der Frankenmetropole.