Wieder Wildkatzen im Sebalder Reichswald

5.5.2015, 06:00 Uhr

Im Gründlachtal konnte ihr Vorkommen im letzten Jahr erstmals genetisch nachgewiesen werden. Angelockt wurden sie mit Baldrian. Als das Ergebnis aus dem Labor vorlag, war es eine kleine Sensation. Erstmals konnte durch eine genetische Untersuchung eindeutig belegt werden, dass im Reichswald wieder Wildkatzen umherstreifen. „Das hätte man wohl noch vor zehn Jahren ins Reich der Ökomärchen abgetan“, sagt Wolfgang Dötsch, Geschäftsführer der Nürnberger Kreisgruppe des Bund Naturschutz. Denn der scheue Samtpfötler galt in ganz Bayern bereits als ausgestorben.

Einerseits, weil er bei Jägern keinen guten Ruf genoss und gnadenlos bejagt wurde. Zudem fanden die Tiere in den zunehmenden Monokulturwäldern nicht mehr den geschützten Lebensraum, den sie benötigen. Seit Mitte der 1980er Jahre versucht der Bund Naturschutz (BN), durch ein Zucht- und Auswilderungsprogramm Wildkatzen neu in bayerischen Wäldern anzusiedeln. 600 Tiere wurden bis 2009 im Spessart ausgesetzt - in der Hoffnung, dass ihre Population wächst.

Grüne Korridore

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Damit sie sich auch gebietsmäßig ausbreiten, wurde das Projekt „Wildkatzensprung“ ins Leben gerufen. Ziel hierbei ist es, Wälder durch grüne Korridore aus Bäumen und Büschen zu verbinden, die es den Wildkatzen erleichtern sollen, ihre Reviere gefahrloser auszudehnen. Denn die größte Gefahr für die Tiere sind inzwischen Straßen und Autobahnen, die ihre Wanderwege durchkreuzen. Etwa 5000 bis 8000 Wildkatzen sollen heute in Deutschland leben, in Bayern schätzt man ihre Zahl auf 200 bis 250.

Eitel Freude über den langersehnten Rückkehrer herrscht etwa im Nationalpark Bayerischer Wald. Dort streifen jetzt ebenfalls wieder Exemplare durch die Wälder. In dieser Region Ostbayerns ist schon seit 170 Jahren keines der seltenen Raubtiere mehr gesehen worden. Der Mensch hatte sie ausgerottet.

Systematische Suche in Nürnberg

In Nürnberg fand im letzten Winter zum ersten Mal eine systematische Suche nach Wildkatzenspuren statt. Im Sebalder Reichswald, im Gründlachtal und am Moritzberg wurden sogenannte Lockstöcke angebracht, die, mit Baldrian eingesprüht, die Wildtiere anlocken sollen. Wildkatzen lieben den Duft, reiben sich an den rauen Vierkanthölzern und hinterlassen, wenn man Glück hat, Fellhaare. Diese wurden im Labor untersucht.

„Wildkatzen sind genetisch von Hauskatzen genau zu unterscheiden“, erklärt Wolfgang Dötsch. Sie sind eine eigene Art, die die europäischen Wälder schon bevölkerte, lange bevor die Römer die ersten Hauskatzen über die Alpen brachten. Der DNA-Treffer, den man von einem Lockstock im Sebalder Reichswald landen konnte, sei also ein eindeutiger Beweis, dass die seltenen Tiere auch im Nürnberger Land wieder ansässig werden. Ein Riesenerfolg für die Naturschützer.

Betreut wurden die Lockstöcke ehrenamtlich von Mitgliedern der Nürnberger BN-Ortsgruppe und der Abteilung „Säugetierkunde“ der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg. Geografin Barbara Philipp, die beim BN den Bereich Umweltbildung mitbetreut, war in den letzten Monaten auch mit Kindern und Jugendlichen unterwegs, um die Lockstöcke alle sieben bis zehn Tage regelmäßig zu kontrollieren.

Zwar hat ihre Gruppe nicht selbst die entscheidende Probe eingesammelt, sie freut sich aber dennoch sehr über das positive Nürnberger Ergebnis. „Wenn man es schafft, für die Wildkatze wieder Lebensraum zu schaffen, hat man das gleichzeitig auch für andere Tiere und Pflanzen geschafft.“ So gesehen sei die Wildkatze ein Symbol dafür, was man zum Beispiel mit Aufforstung von Wäldern und Renaturierung alles erreichen könne.

Zu sehen bekommt man die scheuen, meist nachtaktiven Wildkatzen übrigens nur selten. „Selbst einer unserer Biologen aus dem Steigerwald, der sich seit zehn Jahren mit Wildkatzen beschäftigt, hat erst zweimal eine zu Gesicht bekommen“, so Philipp.

Bayerischer Aktionsplan

Das Wildkatzenmonitoring ist Teil des „Aktionsplans Wildkatze“, den das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) mit dem BN und anderen Verbänden erarbeitet hat. Auch Forstbetriebe und Jagdverbände sind daran beteiligt. Das deutschlandweit angelegte Projekt „Wildkatzen-sprung“ wird vom Bundesamt für Naturschutz im Rahmen des Bundesprogramms „Biologische Vielfalt“ mit 3,8 Millionen Euro gefördert.

Ergänzt durch Eigenmittel des Bund Naturschutz und anderer Förderer, stehen für die Umsetzung der Waldverbindungen und den Aufbau einer Gendatenbank insgesamt 5,2 Millionen Euro zur Verfügung. In Bayern fließen zudem durch das StMELF zusätzliche Gelder mit Mitteln aus der Jagdabgabe.

In Nürnberg ist das Monitoring vorerst abgeschlossen, es wird im kommenden Winter in Südbayern weitergeführt. Da die Laboranalysen sehr teuer sind (vier Tests kosten um die 1000 Euro), kann die BN-Ortsgruppe sie leider nicht eigenständig weiterführen.

Informationen unter www.bund-naturschutz.de und  www.stmelf.bayern.de.