Den Einheitsfahrrädern folgen Blechlawinen

28.2.2019, 05:50 Uhr

"China ist weit weg, aber doch sehr nah. Eigentlich wissen wir gar nichts über dieses Land", fasste Krauß zusammen. Doch China streckt seine Fühler immer weiter aus und macht keinen Halt davor, auch in Deutschland Fuß zu fassen – und das mit Erfolg. Bereits jetzt besitze die Volksrepublik große Kontingente an deutschen Immobilien, Flughäfen und der Autobahn. Dessen sei sich hierzulande kaum jemand bewusst.

Und: China verfolgt einen ehrgeizigen Plan für die nahe Zukunft. Unter dem Banner "Made in China 2025" sei die zentrale industriepolitische Strategie der chinesischen Regierung, China zur globalen Anführerin zu machen. Dazu gehörten chinesische Firmenbeteiligungen im Ausland explizit zu den Instrumenten des Vorhabens.

Im Vortrag "Der chinesische Riese und seine vielen Gesichter" brachte Referentin Dr. Barbara Geldermann aus Berlin Licht ins Dunkel und informierte nicht nur über "Land und Leute", sondern auch über Arbeits- und Denkweisen der Chinesen: "Wir haben es mit einem sehr ehrgeizigen und misstrauischen Volk zu tun", so die Fachfrau.

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Seit gut 30 Jahren besuche sie das Land und habe die Entwicklung Chinas vor Ort miterlebt. "Als ich 1990 das erste Mal in China war, waren die Straßen mit Einheitsfahrrädern gesäumt. Heute findet man an den selben Stellen Blechlawinen auf Super-Highways." Das Interesse der chinesischen Regierung und Industrie an ausländischen Investitionen sei ungebremst groß: "Sogar in Afrika betreiben die Chinesen Flughäfen und Infrastruktur."

Das Interesse an Europa – insbesondere an Deutschland – sei ebenfalls beachtlich. Laut Geldermann schätzen Chinesen die Zuverlässigkeit, Vertrauenswürdigkeit und Genauigkeit der Deutschen: "Tugenden, die es in China kaum gibt."

Schließlich würden dort 80 Prozent Erfolgsquote völlig ausreichen. Der Erfolg Chinas sei darin begründet, dass die Menschen dort "sehr risikofreudig" an Projekte herangehen: "Man experimentiert gern und wächst auch durch Fehler."

Neben den USA ist China für Carsten Krauß die "zweite große Weltmacht". Nicht alles, was von dort kommt, sei schlecht, aber auch nicht alles gut: "Wir brauchen Antworten, was noch alles auf uns zukommt. China ist aus Deutschland nicht mehr wegzudenken." Krauß ist sicher, dass China den ersten Platz auf der Welt erreichen will. "Die werden das schaffen, weil sie Macher sind."

Für Barbara Geldermann ist China ebenfalls die "absolute Weltmacht". Dies bringe Konsequenzen mit sich. Sicher sei bereits, so die China-Expertin: "Die haben uns überholt." Krauß ist sich dessen ebenfalls bewusst: "Wir müssen überlegen, wie wir da wieder herauskommen und was wir daraus lernen können."

Geldermann hat ihr persönliches Resümee bereits getroffen: "China ist kein Land, sondern eine Zivilisation. Historisch, kulturell und individuell. Bleiben wir also offen und neugierig – aber auch vorsichtig."

Krauß informierte in dem Rahmen natürlich auch über das vergangene Geschäftsjahr der Raiffeisenbanken in der Region: "Das Jahr 2018 war ein denkwürdiges Jahr und hat uns sehr viel Kraft gekostet." Für alle Kreisverbandsbanken sei es eines der härtesten Jahre überhaupt gewesen.

Dennoch gelang es der Raiffeisen – trotz "ruinösem Wettbewerb", Brexit und Negativzinsen – sehr erfolgreich abzuschließen. "Wir wollen schlanker, straffer und noch produktiver werden. Es geht ans Eingemachte, ein großer Spagat." Filialschließungen in der Region werde es nicht geben, versprach Krauß. "Wir bleiben vor Ort, weil wir an unsere Heimat glauben. Orange-Blau wird immer stärker."