Kurzfilmtage Thalmässing: "Liftboy" fuhr nach oben

14.5.2017, 13:54 Uhr

Er heißt "Yaqup" (von Yüksel Yolcu), genauso wie der geflüchtete Syrer, den der Profi hier spielt. In seiner Rolle gewährt er einem Vater bei Regen Unterschlupf im Friseursalon. Der Mann will kurz vor dem Rentenalter mit seinem Sohn Kontakt aufnehmen, den er 30 Jahre nicht gesehen hat. Den Flüchtling hält der Senior für den Saloninhaber und stört sich auch nicht daran, dass er im Gespräch nur vier Worte spricht, weil er darüber hinaus kein Deutsch kann: Ja, nein, danke, bitte. Das wirft den, der in dem Geschäft "Asyl" gefunden hat, auf sich selbst zurück und er wagt den entscheidenden Schritt zur innerfamiliären Annäherung. Erst als er sich bei Yaqup bedanken will, erfährt er dessen eigentliche Identität. Er hatte nur auf den Laden kurz aufgepasst, als der Chef weg musste. Das Schicksal des wortkargen Helfer bleibt offen. Er ist "weg", heißt es nur. Ohne moralischen Zeigefinger findet der Zuschauer so einen wohl ganz neuen inneren Zugang zu einem der drängendsten Themen unserer Zeit.

Bademsoy hat dabei entscheidenden Anteil, trotz der wenigen Worte entwickelt er eine beeindruckende Präsenz in dem Streifen. Voll lobender Worte war der unter anderem aus der Serie "Zwei Schlitzohren in Antalya" bekannte Schauspieler in Thalmässing selbst. "Das ist hier ein sehr sympathisches Festival mit tollem persönlichen Charakter!" betont er. "Die Liebe für unsere Kunst wird da sehr deutlich", zeigte er sich erfreut. Da lohne es sich auch, eigens für eine zweitägige Veranstaltung von Berlin nach Thalmässing zu fahren.

Die Veranstaltung erlaube zudem einen guten Einblick in die Entwicklung der jeweiligen Hochschule. Beispielsweise in jene in München, die mit dem Zusatz "für Fernsehen und Film" versehen ist. Die Einrichtung besucht derzeit Anne Heinze, die eigens Teile eines Seminars schwänzte, um bei den Kurzfilmtagen dabei sein zu können.

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Film über geplatzte Träume

Doch sie wollte natürlich sehen, wie ihr Streifen "Liftboy" hier beim Publikum ankommt. "Ein Film über geplatzte Träume, die Angst vor der Zukunft und die Chance – allen verpassten Gelegenheiten zum Trotz – doch noch etwas richtig Gutes zu machen." So heißt es über das Werk in der Laudatio, die der gastgebende Bürgermeister Georg Küttinger verlas, der auch die berühmte "Olga" (das hiesige Pendant zum "Oscar") an die Gewinnerin überreichen konnte.

In dem Zwölfminüter treffen ein Tankstellenverkäufer und seine ehemalige Lehrerin aufeinander. Die Seniorin ist verzweifelt und will durch einen Überfall das Geld für den Treppenlift ihres Mannes auftreiben. Als sie vermummt vor ihrem ehemaligen Schüler steht, erkennt der sie natürlich erst nicht. Doch er merkt, dass die Pistole eine Attrappe ist, es fliegt alles auf.

Er will erst die Polizei rufen, zeigt aber dann ein Herz für die Dame und ihr selbst, wie das Rauben richtig geht. Beide gemeinsam fingieren das ohnehin geplante Verbrechen.

Die Reaktionen auf den Film im "Bunker", der an beiden Tagen wieder mit knapp 200 Gästen gefüllt war, ließen schon erahnen, dass hier gerade ein Favorit über die Leinwand flimmerte.

Aber auch die Qualität der anderen Filme beeindruckte. "Man merkt, dass die Abstimmung wieder einmal sehr schwer wird", betonten es auch Peter Hauke und Hans Seidl, Gründerväter der Veranstaltung und bis heute ihr bewährtes Moderatorenduo. Als solches zeigte es sich wiederum sehr angetan, dass zahlreiche Filmemacher auch persönlich anwesend waren, die Preisträger sogar allesamt. Die große Präsenz wiegt umso mehr, als dass es heuer auch einen Preis mehr als sonst zu vergeben galt.

Die Riege der ersten drei machte indes der Film "Pix" von Sophie Linnenbaum komplett, die hier die über Generationen weitergetragene Lust am Fotografieren zu besonderen Anlässen aufs Korn nimmt. Erstmals gab es darüber hinaus nicht wie bisher einen Preis der Medienzentrale Eichstätt, sondern zwei "Olgas" der bayerischen Medienstellen: die Geburt der sogenannten "Horizonte-Preise". Den ersten sicherte sich hier der Film "Fruit" von Gerhard Funk, der auf eigenwillige Weise die Schöpfungsgeschichte neu erzählt.

Auf Rang zwei landete "Va Banque (Risky Game)" von Stefan Plepp. In seinem Streifen wird der Horizont einer Schülerin erweitert, die dem Schulleiter als Grapscher dastehen lassen will, falls er ihr nicht die erhoffte Note gibt. Doch der Rektor weiß noch erpresserischer dagegen zu halten.