Rother Kreisklinik sucht Betreuungsassistenten für Demenzkranke

29.9.2020, 06:01 Uhr

Am 21. September fand der Welt-Alzheimertag statt. Er soll die Öffentlichkeit auf die Situation von Demenz- und Alzheimerkranke und deren Angehörigen aufmerksam machen. Weltweit sind etwa 35 Millionen Menschen von diesem Krankheitsbild betroffen.

Aufgrund der inzwischen höheren Lebenserwartung ist die Tendenz weiter steigend. Zurzeit leben in Deutschland geschätzt 1,7 Millionen Menschen mit Demenz. Zwei Drittel davon sind 80 Jahre und älter. Studien sehen voraus, dass in Deutschland im Jahr 2050 mit bis zu drei Millionen Menschen mit Demenz gerechnet werden kann.


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Auch das Personal der Rother Kreisklinik ist zunehmend mit Krankheitssymptomen dieser Art konfrontiert. "Wobei diese Menschen nicht aufgrund ihrer Demenz, sondern wegen anderer Beschwerden zu uns kommen. Aber dieser Nebenbefund stellt uns zunehmend vor Herausforderungen", so Pflegedienstleiter Dieter Debus. Manchmal fällt erst bei einem Krankenhausaufenthalt auf, dass ein Patient möglicherweise dement ist.

Viele Fragen 

In seinem gewohnten Umfeld gelingt es ihm noch, auftretende Gedächtnisstörungen zu kompensieren. In einer ungewohnten Umgebung ist er dann aber häufig überfordert, was zu unberechenbaren Verhalten führen kann. Häufig versteht der Patient nicht, warum er sich im Krankenhaus befindet, was er tun soll, und was all diese fremden Menschen von ihm erwarten. Manchmal kehren sogar alte Kriegs-Traumata zurück, die er in der Kindheit erlebt hat.

"Aus diesem Grund suchen wir sowohl haupt- als auch ehrenamtliche Demenzhelfer, denn Menschen mit Alzheimer und anderen Formen der Demenz brauchen besondere Zuwendung", erklärt Debus. Für das Klinikpersonal und auch pflegende Angehörige sei das aufgrund der großen Arbeitsbelastung nicht immer einfach.

Deshalb habe man bereits zwei Betreuungsassistentinnen in Teilzeit angestellt, eine weitere Stelle sei derzeit ausgeschrieben. Tatjana Freudenreich ist seit April vergangenen Jahres als Betreuungskraft tätig. Zu ihren Aufgabenbereich gehört unter anderem das organisieren und koordinieren externer Betreuungsangebote wie etwa durch die Diakonie, oder Gruppenangebote, die allerdings wegen der Corona-Situation derzeit nicht stattfinden können.

Moderne Medien im Einsatz

Des Weiteren etabliert sie neue Betreuungsformen mit Unterstützung von moderne Medien wie Tablet-Computer. "Es ist faszinierend zu beobachten, wie unbefangen und intuitiv demenzkranke Menschen mit dieser neuen Technik umgehen", berichtet sie. Aber natürlich wird mit den Patienten auch gemalt und gebastelt, spazieren gegangen, gelesen und vorgelesen oder auch mit einfachen Instrumenten musiziert.

"Das Ganze darf man sich nicht als bitterernste Sache vorstellen. Die Menschen leben in Erinnerungen aus ihrer Kindheit und freuen sich an den einfachen Dingen des Lebens. Empathie ist das A und O, und wenn man sich mit der Biographie der Menschen auseinandersetzt, findet man schnell Anknüpfpunkte", erläutert Freudenreich den Umgang mit Demenzkranken.

Das kann auch Waltraud Helmschrott bestätigen, eine von derzeit rund zehn ehrenamtlichen Demenzhelferinnen. "Natürlich darf diese Tätigkeit auch Spaß machen. Mit Demenzkranken kann man normalerweise mehr lachen als mit anderen Kranken", so ihre Erfahrung. Seit rund 30 Jahren ist sie schon ehrenamtlich an der Kreisklinik tätig. Gewachsen ist ihre Demenzbegleitung aus dem Besuchsdienst heraus, den sie immer noch sehr gerne und mit Leidenschaft ausübt.

"Natürlich besteht ein Qualifikationsunterschied zwischen uns und den professionellen Betreuungskräften", macht sie deutlich. Dafür sind wir in unserer Zeiteinteilung frei, machen keinen Nachtdienst, und kommen auch nicht mit besonders verhaltensauffälligen Demenzkranken in Kontakt", so Helmschrott. "Aber auch so können wir behandelte Ärzte, Krankenschwestern und –pfleger deutlich entlasten".

Jeder kann mitmachen

"Wir suchen Menschen jeden Alters, die den Patienten ihre seelische Bedürfnisse nach Wertschätzung, Trost, Beschäftigung und sozialen Kontakten erfüllen – und das ist häufig viel leichter, als man sich vielleicht vorstellt", so Tatjana Freudenreich. Auch werde die Gesellschaft immer sensibler für das frühere Tabu-Thema, das oft einfach nur mit "verkalkt" oder gar "verrückt" umschrieben wurde. Das Krankenhaus bietet für Interessierte demnächst wieder eine dreitägige Basisschulung an, die in Zusammenarbeit mit der Deutschen Alzheimergesellschaft erarbeitet wurde.

Demenzgerechte Raumplanung

Das Gewinnen von haupt- und ehrenamtlichen Personal ist nur ein Baustein auf dem Weg zu einem demenzfreundlichen Krankenhaus. "Die Kreisklinik investiert bei ihrer derzeitigen Erweiterung nicht zuletzt in eine demenzgerechte Raumplanung der Gesamtstruktur.

Das geht los bei der Wegführung und dem Beleuchtungssystem der Gänge bis hin zum ‚Rooming-in‘, bei dem Begleitpersonen bei ihren zu behandelnden Angehörigen im Zimmer oder in deren Nähe übernachten können", erläutert der stellvertretende Pflegedienstleiter Michael Christ. "So ähnlich, wie wir es bereits auf der Entbindungsstation anbieten".