Goldrichtig: Das anonyme Kruzifix

27.5.2018, 06:00 Uhr

Na, hier, in der Bayerischen Staatskanzlei, hängst ja schon mal ein Kreuz. Auftrag erfüllt. © Peter Kneffel/dpa

Die einen kaufen in Nürnberg ein, die anderen bestellen im Internet, die nächsten bedienen sich in einem dubiosen Pool. Hallo, geht’s noch? Noch nie etwas von Original-Regional gehört?

So war das jedenfalls nicht gemeint mit dem Kruzifix-Erlass von Markus Söder, der als neuer bayerischer Ministerpräsident im offenbar nicht ganz so säkularen Freistaat gleich mal eine Duftmarke setzen musste. Denn: Auch wenn der Nürnberger Ex-Synodale die Kirchen-Offiziellen aller Konfessionen gegen sich aufgebracht und das Land gespalten hat (58 Prozent dafür, 42 Prozent dagegen), so hat er es doch nur gut gemeint.

Der Paragraf 28

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In Paragraf 28 der Allgemeinen Geschäftsordnung für bayerische Behörden heißt es jedenfalls seit neuestem, dass im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes als "Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns" gut sichtbar ein Kreuz anzubringen ist. Stichtag: 1. Juni.

Aber der Söder Markus hat das doch nur deshalb so verfügt, weil er aus seinen unendlich vielen Schwabach-Besuchen bestimmt Marianne Lachmann kennt. Und wenn es ums Kruzifix geht, dann macht der früheren Stadträtin niemand etwas vor. Lachmann hat ihrer Stadt nicht nur diverse Wegekreuze spendiert. Sie gilt auch bayernweit als eine der aktivsten Sammlerinnen von Kruzifixen.

Die schlägt sie dann auf Trempelmärkten wieder los und unterstützt mit dem Erlös Bedürftige. Ja, genau so hatte sich das Jesus vorgestellt. Und genau das war bestimmt auch Markus Söders Intention: einfach seiner Parteifreundin neue Verkaufsquellen erschließen und dann das Geld für den guten Zweck ausgeben.

Noch ein persönliches Wort

Übrigens: Ich persönlich störe mich nicht an Kreuzen im Eingangsbereich von öffentlichen Gebäuden. Was ich nicht in Ordnung finde, ist die verschwurbelte Begründung des Ministerpräsidenten. Das Kreuz ist doch auch ein Folterinstrument, mit dem die Menschen ihresgleichen auf möglichst brutale Weise vom Diesseits ins Jenseits gebracht haben (und immer noch bringen). Anders als Söder sagt, ist Bayern so weder geschichtlich noch kulturell ge- prägt. Gott sei Dank.