Nicht mal Mindestlohn bezahlt?

23.5.2018, 15:16 Uhr

In dessen Bereich leiteten die Beamten im vergangenen Jahr insgesamt 36 Ermittlungsverfahren gegen Arbeitgeber ein, die gegen das Mindestlohngesetz verstoßen haben.

Nach Einschätzung der Gewerkschaft ist das jedoch lediglich die "Spitze des Eisbergs". Die Dunkelziffer liege deutlich höher. "Es kann nicht sein, dass im dritten Jahr nach seiner Einführung noch immer viele Menschen unterhalb des gesetzlichen Minimums verdient haben", kritisiert Regina Schleser, Geschäftsführerin der NGG Nürnberg-Fürth.

Aufschlussreiche Studien

Werbung
Werbung

Wie groß das tatsächliche Ausmaß der Mindestlohn-Prellerei sei, zeige eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Danach erhielten im Jahr 2016 bundesweit rund 1,8 Millionen Beschäftigte weniger als den Mindestlohn. Besonders betroffen ist das Hotel- und Gaststättengewerbe: Dort bekamen damals 38 Prozent der Mitarbeiter einen Lohn, der unterhalb des gesetzlichen Minimums lag, so eine Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung.

Gewerkschafterin Schleser be- klagt zugleich eine mangelnde Kontrolldichte beim Zoll. Dies zeige gerade der Blick auf das Gastgewerbe. "2017 wurden im gesamten Bereich des Nürnberger Zolls 282 Betriebe der Branche geprüft. Allein im Landkreis Roth gibt es nach Angaben der Arbeitsagentur jedoch 224 Hotels, Gaststätten und Restaurants und in Schwabach 75 Hotels, Gaststätten und Restaurants", so Schleser weiter.

Bei der Zollstatistik beruft sich die NGG Nürnberg-Fürth auf eine Auswertung des Bundesfinanzministeriums für die Bundestagsabgeordnete Beate Müller-Gemmeke (Grüne). Danach prüfte das Hauptzollamt Nürnberg im vergangenen Jahr quer über alle Branchen hinweg insgesamt 1140 Arbeitgeber auf Schwarzarbeit, Lohn-Prellerei und Steuerhinterziehung. Für die Verstöße gegen den gesetzlichen Mindestlohn verhängten die Kontrolleure Bußgelder in Höhe von rund 155 000 Euro.

Stärker kontrollieren

"Wir brauchen deutlich mehr Kontrollen, um betrügerischen Chefs das Handwerk zu legen", fordert Schleser. Dafür müsse die Finanzkontrolle personell kräftig aufgestockt werden. Kein Verständnis hat die Gewerkschafterin für die Klagen der Arbeitgeber, die Dokumentationspflichten brächten zu viel Bürokratie. "Das genaue Aufschreiben der Arbeitszeit ist absolut nötig. Darauf schaut der Zoll bei den Kontrollen auch zuerst. Nur wenn die Arbeitszeiten erfasst werden, lässt sich Lohnbetrug verhindern."

Anfang kommenden Jahres steht laut NGG die nächste Erhöhung des Mindestlohns an. Die Gewerkschaft plädiert dabei für ein deutliches Plus: "Aus 8,84 Euro muss rasch etwas Zweistelliges werden", sagt Schleser.