Sportler des Jahres: Der Exot im Reigen der Nominierten

1.1.2020, 13:00 Uhr

  "Ohne Sport könnte ich nicht existieren." Das sagt ein Rother, der vor wenigen Jahren zu den schnellsten Männern Deutschlands gehörte. Mit 10,68 Sekunden war der heute 27-jährige Tobias Schneider 2013 bei den U23-Leichtathleten unter den bundesweit fünf besten Sprintern über 100 Meter platziert. Nun, wenige Jahre später ist er immer noch sehr schnell, wiegt aber 15 Kilo mehr. Denn für seine neue Sportart ist beides von Bedeutung: Kraft und Geschwindigkeit.

Seit der Saison 2016/17 ist Schneider Anschieber im Bob-Team von Pilot Christoph Hafer. Schon im zweiten Jahr war er als solcher Bester der unter 26-Jährigen. Deshalb tritt er im Vierer- und im Zweier-Bob an. Für Erfolge auf internationaler und auf nationaler Ebene während der ersten beiden Saisons ist er nun für die Wahl zum Sportler des Jahres nominiert.

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Beim ersten Weltcup-Rennen hat der Hafer-Bob den dritten Platz belegt und danach vier Europacup-rennen in Folge gewonnen. Schneider ist außerdem Deutscher Vizemeister im Viererbob. Im Zweier hat er bei den nationalen Titelkämpfen mit Hafer den dritten Platz belegt. 2017/2018 war er sowohl Junioren-Vizeweltmeister als auch Europameister der unter 26-Jährigen im Zweier- und Vierer-Bob.

Erst kürzlich ist Tobias Schneider aus der Olympiastadt Lake Placid zurückgekehrt. Dort hat es das Team bei vier Weltcup-Rennen dreimal unter die besten zehn geschafft. Augenblicklich bereitet sich Schneider im Bundesleistungszentrum in Altenberg auf die nächsten Herausforderungen vor. Denn er betreibt seinen Sport professionell. Neun bis zwölf Trainingseinheiten zu je drei Stunden stehen wöchentlich auf dem Programm.

Dass das möglich ist, hat Schneider der Bayrischen Polizei zu verdanken, in deren Sportfördergruppe er gegenwärtig eine Ausbildung absolviert. Dafür hat er ein Studium als Lehrer für Deutsch und Sport an Gymnasien im neunten Semester aufgegeben. Denn nun wird er sich dank großzügiger Freistellungen fünf Jahre lang voll auf seinen Sport konzentrieren können, erhält aber dennoch Gehalt und bereitet sich auf einen Beruf vor. "Ich könnte mir nichts besseres vorstellen und bin überglücklich, denn ich kann das machen, was ich immer wollte: mich voll dem Sport zu widmen", sagt er.

Den Einstieg in den Bob hat er einem seiner Münchner Trainer mit Kontakten zu den mutigen und schnellen Männern im großen Schlitten zu verdanken. "Er hat mich darauf angesprochen." So ist Schneider nach langer Laufbahn als Leichtathlet bei den Bobsportlern gelandet. Schon nach seiner ersten Fahrt hatte ihn das Cool-Runnings-Fieber gepackt. "Ich wollte sofort wieder einsteigen", schildert er die Begeisterung, die das Eisrasen in ihm ausgelöst hatte.

Trotz großer Belastungen. "Wir fahren nicht Achterbahn, sondern sitzen immer gerade, so dass enorme Kräfte auf den Rücken wirken", erklärt er. Sechs G beispielsweise auf der Bahn in Altenberg.

Tobias Schneider hat bereits als Vierjähriger beim TV Eckersmühlen seine ersten Schritte auf dem Weg zu herausragenden sportlichen Leistungen absolviert. Außergewöhnliches Talent inklusive. Er war sowohl Mitglied der LG Roth als auch des LAC Quelle Fürth.

Als Jugendlicher hat er Deutsche Meistertitel mit Staffeln und der Schülermannschaft gewonnen. Nach dem Abitur 2011 am Gymnasium Hilpoltstein hat Tobias Schneider in München studiert und weiter fleißig trainiert.

Auch aufgrund einiger Verletzungen war aber bei den 10,68 Sekunden über 100 Meter Schluss. Eine phänomenale Leistung. Für den Spitzensport aber zu wenig. "Damit käme man bei den Männern nicht mal in Deutschland unter die Besten", stellt er fest. Als Mitglied in einem Bob-Team aber muss man nicht der allerschnellste sein, sondern auch über Muskelpakete verfügen. Leistung resultiert schließlich aus Kraft mal Geschwindigkeit.