Zweiter Wendelsteiner Poetry Slam war ausverkauft

17.5.2016, 09:49 Uhr

Moderiert wurde der zweite Wendelsteiner Poetry Slam wieder von Michael Jakob, der in der deutschsprachigen Poetry-Slam-Szene zu den führenden Köpfen zählt. Er führte mit Power und markig-witzigen Sprüchen durch den Abend.

Ein überwiegend junges Publikum, verfolgte den Dichterwettstreit und kommentierte ihn zum Teil auch mit Zwischenrufen. Doch nicht bösartig, ganz im Gegenteil. Alle hielten sich an die Regel Nummer vier, die Moderator Michael Jakob dem Publikum nahelegte: „Respect the poet!“ Die anderen drei Regeln mussten die Akteure einhalten: Alles muss selbst verfasst sein, der Auftritt darf höchstens sieben Minuten dauern, es gilt das gesprochene Wort, jedoch darf ein Textblatt verwendet werden.

Reihenfolge war ausgelost worden

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Insgesamt traten neun „Slammer“ gegeneinander an, fünf Leute, die von den Veranstaltern vorher ausgesucht worden waren, saßen im Publikum und fungierten als Jury. Unmittelbar nach jedem Auftritt bewerteten sie die Dichter und hielten kleine Schildchen hoch, auf denen sie die Punkte notiert hatten. Die Punkteskala reichte von 1 bis 10, wobei 10 Punkte die Höchstpunktzahl bedeuteten. Die Reihenfolge der Auftritte war vorher ausgelost werden.

Bevor es mit dem Dichterwettstreit losging, gab Moderator Michael Jakob eine Kostprobe seines Könnens, die außerhalb der Wertung stand. In seiner „K-Frage“ ging es nicht um den zukünftigen Bundeskanzler, sondern um eine Diskussion zwischen „ihm“ und „ihr“, die sich um die Frage drehte: „Schatz, willst du Kinder haben?“ Als sie „ihm“ beichtet, dass sie schwanger ist, stellt er verblüfft fest, dass sich nun einiges ändern wird in ihrem Leben. Später hatte er noch ein witziges Gedicht „Vom Angler und vom Anglisten“ im Gepäck.

Wie aus dem Maschinengewehr

Und dann ging es Schlag auf Schlag. Bayernslam-Finalist Felix Kaden aus Erlangen hatte die undankbare Aufgabe, als erster auf die Bühne zu müssen. Seine Überlegungen zum Thema Scheitern brachten ihm 19 Punkte ein.

NRW-Slam-Finalist Sven Hensel aus Bochum setzte einen drauf und trug frei einen Text übers Kennenlernen vor. Seine maschinengewehrartig vorgetragene Folge von Wörtern und Sätzen klang wie ein gesungener Rap, den er durch eine lebhafte Gestik unterstützte und für den er 26 Punkte erhielt.

Mit dem Thema „Proton-Philosophie oder Ein Kind von Traurigkeit“ setzte sich die U-20-Franken-Meisterin Lara Ermer aus Fürth auseinander. Dabei ging es um eine verbale Abrechnung mit einem nicht näher genannten Partner, die in dem Ausruf endet: „Hör auf, die Welt mit deiner Fresse zu belachen!“ Die Jury gab ihr 25 Punkte.

Eine lautstarke Verweigerung jeden Krieges und eine scharfe Abrechnung mit der Waffenlobby („Schießen sollen nur unsere Hormone!“) stellte der Franken-Vize-Slammer Martin Hönl aus Dietenhofen vor. Für seine pazifistischen Forderungen bekam er 27 Punkte von der Jury.

Frankenmeister 2014 Peter Parkster aus Nürnberg belustigte das Publikum mit seinem Text „Stalingrad“, in dem er das Scheitern der deutschen Armee im Zweiten Weltkrieg mit den Bemühungen seines Protagonisten Ralf vergleicht, der beim Sex mit seiner Cornelia total versagt. Sie gibt ihm am Ende den Laufpass – und dafür gab es 25 Jury-Punkte.

Frank Klötgen aus München, der seit über einem Jahrzehnt der Slam-Szene angehört, macht gerade eine weltweite Abschiedstour. Sein frei vorgetragenes gereimtes Gedicht „Das Kleid für Frau Eleonore“ nahm auf ironische Weise die Schönheit des Kleider-Nähens auf die Schippe und brachte dem Dichter 21 Punkte ein.

30 Punkte für „Mork, der Ork“

Ein witziges, frei vorgetragenes Fantasy-Gedicht, das von Wortspielereien lebt, hatte Philipp Scharrenberg aus München dabei. Satte 30 Punkte gab die Jury für „Mork, der Ork“.

Lachstürme bei den Zuhörerinnen und Zuhörern erzeugte der amtierende Franken-Meister und Wendelsteiner Titelverteidiger Thomas Schmidt aus Schwabach. Der Klang der italienischen und französischen Sprache hat es ihm angetan. Seine witzigen Betrachtungen mit dem Titel „Lost in Translation“ kamen beim Publikum bestens an und bescherten ihm 28 Punkte.

Erstmals forderte auch ein Wendelsteiner Autor die Profis heraus: Ludwig Weber, langjähriger Mitarbeiter der Wendelsteiner Schreibwerkstatt, trug ein lustiges „Bären-ABC“ vor, wo es nur so wimmelte von Bären: Vom Geldge-Bär, Hubschrau-Bär, Kleinkali-Bär, Mob-Bär, Le-Bär, Novem-Bär, Okto-Bär, Parfümzerstäu-Bär, Quacksal-Bär, Räu-Bär, Stoi-Bär, Teilha-Bär, Urlau-Bär, Vielschrei-Bär, Zau-Bär bis hin zum We-Bär war alles vertreten. Dafür gab es aber leider nur 18 Punkte.

Beim Finale traten zwei Slammer gegeneinander an, die die meisten Punkte erhalten hatten: Philipp Scharrenberg und Thomas Schmidt. Philipp Scharrenberg trug eine Persiflage auf die Weltreligionen vor und Thomas Schmidt brachte das Publikum durch eine schräge, autobiografisch angehauchte Geschichte über sein Leben in einer Männer-WG zum Toben.

Eindeutiger Publikumssieger wurde Philipp Scharrenberg aus München. Er erhielt den größten Applaus aus den Reihen der Zuhörerinnen und Zuhörer.

Bürgermeister Werner Langhans nahm zusammen mit Helga Löhlein, der Leiterin der Wendelsteiner Bücherei, die Siegerehrung vor. Beide verteilten kleine Erinnerungsgeschenke an die Slammer und Werner Langhans versprach, dass es auch einen dritten Wendelsteiner Poetry Slam geben wird. Die intime Atmosphäre der Jegelscheune ist wie geschaffen für solche Veranstaltungen.