Gerichtsprozess

Postbote aus Altmühlfranken soll Reizgas gesprüht haben

15.5.2022, 19:17 Uhr

In Weißenburg sitzt derzeit ein Postbote aus dem Landkreis vor Gericht. Er soll Familienangehörige mit Pfefferspray geschädigt haben. © imago images/U. J. Alexander

Dem Angeklagtem, der mit seiner Nichte, die er auch als Postzusteller beliefert, im Streit liegt, wird vorgeworfen, im April 2021 die Folierung ihrer Haustür beschädigt zu haben, weil er seinen Fuß in die Tür stellte, damit sie nicht zugeschlagen werden kann.

Knapp einen Monat später soll der Mann, nachdem er an der Haustür des Ehepaars ein Paket abgestellt hatte, Reizgas versprüht und danach geklingelt haben. Als der Hauseigentümer die Tür öffnete, stand er in einer Reizgaswolke und bekam Atemnot und tränende Augen.

Für Staatsanwältin Tina Schlauersbach als Anklagevertreterin war bereits beim Verlesen der Anklage klar, dass der Postbote eine Sache „rechtswidrig beschädigt“ und eine Person zumindest potenziell verletzt habe. Verteidigerin Gisela Tangermann-Ahring (Fürth) und ihr Mandant sahen das freilich anders.

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Wegen Erbstreitigkeiten im Clinch

Der Postbote gab an, dass er mit seiner Nichte wegen einer Erbstreitigkeit um eine alte Werkbank im Clinch gelegen und sie deshalb mehrmals gebeten habe, ihr das Erbstück auszuhändigen. Als sie sich erneut weigerte, habe er, als sie ihm die Haustür vor der Nase zuschlagen wollte, den Fuß in die Tür gestellt, um mit ihr weiterreden zu können. Inzwischen habe er die Werkbank aber erhalten.

Weiterhin gab der Mann an, dass er das Hundeabwehrspray, das er immer bei sich trage, weil in der Nähe ein gefährlicher Hund lebe, versehentlich ausgelöst habe, als er in der Nähe der besagten Wohnungstür war. Die Familie Huber (Name von der Redaktion geändert) sei von ihm „unabsichtlich“ geschädigt worden.

Er gab an, dass er sogar noch versucht habe, den Sprühnebel von der Haustür mit seinem Ärmel wieder abzuwischen. Eine Version, die die Aufzeichnung der Haustür-Überwachungskamera, die als Beweismittel im Gerichtssaal am PC gezeigt wurde, nicht unbedingt belegen konnte. „Eine Wischbewegung kann ich beim besten Willen nicht erkennen“, sagte Richterin Anna Richter.

Aufzeichnung der Überwachungskamera

Zudem habe sie beim Abspielen des Videos eindeutig ein „Sprühgeräusch“ vernommen, bevor das Paket abgelegt worden war. Staatsanwältin Schlauersbach sah das ganz genauso: „Sie stehen direkt vor der Tür, als Sie sprühen!“

An dieser Stelle beantragte die Verteidigerin eine Unterbrechung, um sich mit ihrem Mandanten zu beraten und um zu klären, „ob es sich tatsächlich um eine Originalaufnahme und um kein geschnittenes Video handelt“, sagte Tangermann-Ahring. Die Rechtsanwältin will durch ein Sachverständigen-Gutachten, das noch eingeholt werden muss, sicherstellen, dass die Aufnahme, die die Polizei sicherstellte, nicht vorher manipuliert worden war.

Der Einwurf der Staatsanwältin, dass ein derartiges Gutachten sehr kostspielig sein könne und lange dauere, hielt sie nicht von ihrem Vorhaben ab. Richterin Anna Richter fasste deshalb den Beschluss, dass der Prozess vorerst ausgesetzt wird und dann, sobald das Gutachten vorliegt, fortgeführt wird.