Wie man eine NPD-Provokation abwehrt

26.12.2011, 14:58 Uhr

Die Idee, alle von den NPD-Aktivisten gewünschten Samstagstermine mit regulärem Unterricht zu blockieren, hat auch etwas für sich. Und sie zeugt von einem beachtlichen Maß an Kreativität. Oder einfach Aula und Schulräume für Parteiveranstaltungen jeder Provenienz per Stadtratsbeschluss sperren?

Alle drei Wege sind im Fall des Landshuter Hans-Leinberger-Gymnasiums begangen worden. Dennoch hätten sie wohl am Ende kaum zum gewünschten Erfolg geführt. Teilweise sind sie auch für sich genommen nicht unproblematisch.

Deshalb ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Regensburg zum Verbot des NPD-Kongresses an einer öffentlichen Schule ein Signal von größter Bedeutung. Vor allem die glasklare Begründung aus Artikel eins des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes (BayEUG) sticht heraus.

Krasser Widerspruch

Verfassungsfeindlich und rechtsextremistisch nennt das Gericht die NPD. Das verhindert, so lange diese Partei nicht verboten ist (was eben nur Karlsruhe kann), leider nicht, dass die NPD sich das Recht auf Abhaltung eines Parteitags etwa in einer Stadthalle oder auf eine Demonstration auf einem öffentlichen Platz durch die Gerichtsinstanzen erstreitet. Aber ein Auftritt der braunen Verführer an einer Schule steht in derart krassem Widerspruch zum gesetzlichen „Bildungs- und Erziehungsauftrag“, dass er juristisch zwingend zu unterbinden ist.

Außer den Verwaltungsjuristen werden vermutlich nicht viele Bürger den Artikel eins des BayEUG kennen. Es lohnt aber, einmal ins Gesetz hineinzuschauen. Oberste Bildungsziele sind dort festgelegt, sie gelten für alle staatlichen oder staatlich anerkannten Schulen. „Im Geist der Demokratie“ und „im Sinn der Völkerversöhnung“ ist der Nachwuchs zu erziehen, heißt es dort. Auf diese beiden Ziele stützt das Gericht seine Entscheidung.

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Es hätte auch andere Passagen aus dem Artikel eins ins Feld führen können. Zum Beispiel die „Achtung vor religiöser Überzeugung“, Hilfsbereitschaft, Selbstbeherrschung, Achtung vor der Würde des Menschen. Und auch die Formulierung „Ehrfurcht vor Gott“, die an erster Stelle in der Reihe der höchsten Bildungsziele steht.

Die Inhalte der NPD-Propaganda, auch der immer wieder auf Schulhöfen angebotenen CDs oder Schriften, sind mit all diesen gesetzlichen Vorgaben unvereinbar. Subtile und offene Agitation gegen Nicht-Deutsche, gegen Asylbewerber, gegen Muslime, gegen Juden, gegen Behinderte und gegen Homosexuelle sind exakt das Gegenteil der Achtung vor der Würde des Menschen. Wer auf diese Weise — um einen etwas altmodischen Ausdruck zu verwenden — die Jugend verdirbt, hat nicht den geringsten Anspruch, dies auch noch in einem Gymnasium, einer Realschule oder an einer Förderschule tun zu dürfen.

Problematisch war von den Landshuter Abwehrreaktionen gegen den drohenden NPD-Kongress vor allem der einstimmige Stadtratsbschluss. Ab sofort keine Veranstaltungen politischer Parteien mehr an der Schule, das ist nicht nötig und auch nicht sinnvoll. Parteipolitik gehört sicher nicht in den Unterricht. Aber die Kinder sollen an den Schulen auch dazu befähigt werden, später Verantwortung als Staatsbürger zu übernehmen, sie sollen sich ein „selbstständiges Urteil“ in politischen, gesellschaftlichen oder ethischen Fragen bilden können. Das ist im Gesetz ausdrücklich aufgeführt.

Kongresse etwa der Grünen Jugend, der JU, der Jusos, der Jungliberalen und anderer dürfen also nicht nur in einer Schulaula über die Bühne gehen, sie sollten dort sogar öfter stattfinden. Der ernsthafte, auch leidenschaftliche politische Diskurs, der Streit der Meinungen ist das Lebenselement der Demokratie.

Je früher Kinder und Jugendliche sich damit auseinandersetzen, umso besser. Davor muss man Schulkinder nicht „schützen“, man soll sie altersgemäß dazu ermutigen. Verbot und Ausschluss greifen nur, wenn Inhalte und Methoden sich gegen die Menschenwürde und die obersten Erziehungsziele selbst wenden.