Grünes Wunder im Löwensaal-Garten

Stars am Schmausenbuck: Bierbänke können auch wackeln

3.9.2021, 13:42 Uhr

Die bei den Löwensaal-Gartenkonzerten haben einen Vogel. Zumindest optisch ist er schräg. Quietschbunt gescheckter Anzug. Dazu ein Hemd, das so geschmacklos unpassend ist, dass es fast schon wieder passt. Wenige Meter neben der Bühne ist der Zaun zum Nürnberger Tiergarten. Ist Maeckes da entflogen?

Nein, der Stuttgarter Rapper, der Liedermacher, alsbald auch der Mann mit der Gitarre, ist erstens Profi im Popfach, zweitens ein musikalisches Geschenkpaket zum Auftakt der Konzertserie im idyllischen Garten des Löwensaals am Nürnberger Schmausenbuck und drittens ein Hauptgewinn.

Käuze und andere Vögel

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Wenn der Rest der Akteure, die in den nächsten zwei Wochen hier zwischen Pool, Grünzeug, Lampenketten und dezentem Raubtiergeruch auf die Bretter gehen, nur halb so stark rüberkommen wie Maeckes, die junge Rampensau (Jg. 1982), dann ist alles wunderbar. Auf ihn folgen in den nächsten Tagen erfahrene Käuze und andere Vögel wie BAP-Sänger Wolfgang Niedecken (der am 5. September um 14 Uhr Bob Dylan liest und singt), Franken-Metal-Comedian Bembers (der am 8. September „Higher than High“ sein will) oder New-Model-Army-Frontmann Justin Sullivan (der am 10. September den Baumgartenort beackert).

Wer den Löwensaal mit seinem realsozialistischem Ambiente schon immer einen Tick zu stickig und ernüchternd fand, wird am Waldbühnchen davor sein grünes Wunder erleben.

Gut geflüstert, LöwInnen. Allen Künstlern, die bis zum 15. September hier mit Kabarettprogramm und Lesungen, Musikdarbietungen und „Raritäten“ (Stephan Zinner am 14. September) erscheinen, ist gemein, dass sich das Hinhören wieder lohnt.

Bestens aufgehoben ist man allemal, an den Biergartentischen, wo schon beim Auftritt von Maeckes die Hintern nicht mehr ruhig halten wollen. Sieben Menschen aus dem anwesenden Jungvolk ruft der sympathische wie wortgewandte Künstler auf, sich mit Selfies vor der Bühne zu versammeln. Also erscheinen glorreiche Sieben maskiert. Nicht mehr. Nürnberg hat beim Zählenlernen offenbar aufgepasst. Alles verläuft gut gelaunt und gut geordnet pandemiekonform.

Partykirche am Schmausenbuck

Wer bisher glaubte, das Rapper nur goldkettchenbehangene Poser sind, die Frauen als Schlampen betexten und das Leben als Machos besexen, wird bei Meaeckes erfreulich eines anderen belehrt. Dabei belehrt er gar nicht, sondern stellt sich in seinen Songtexten, die so ansprechend wie anspruchsvoll sind, selbst in Frage. „Mein Spiegel findet mich manchmal nicht schön. Ich wünscht mir, du könntest mich mal durch meine Augen sehen.“ Das sind keine hammerhart geteerten Straßensprüche, Maeckes kennt Nachdenklichkeit.

Was mitnichten heißt, keinen Spaß zu kriegen. „Partykirche“, sein Song, wird am Schmausenbuck final zum wohlfeilen Waldgottesdienst. Bierbänke können auch wackeln.