„Irgendwie kommt das nicht an“

3.5.2014, 13:00 Uhr

Wann, Frau Laurien, haben Sie Ihre Kündigung geschrieben, vor oder nach der Stichwahl?

Marlen Laurien: Bereits zwei Monate vorher. Ich habe sie nur auf Bitten von Bürgermeister Franz Schmuck und des Sozialaussschusses nicht abgegeben. Das ist dann am 30. März passiert, aber noch bevor die Stimmen ausgezählt waren.

 

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Franz Schmuck, der das MGH-Projekt in Ammerndorf initiiert hatte, stand nicht mehr zur Wahl. Aber wäre es mit dem neuen Bürgermeister Alexander Fritz (FW) nicht leichter für das MGH geworden als mit Günther Müller von der CSU, seinem Konkurrenten in der Stichwahl ?

Laurien: Wenn man dem Wahlprogramm der CSU folgt, wäre eine Zusammenarbeit wohl möglich gewesen. Man hatte versprochen, das Mehrgenerationenhaus konstruktiv zu begleiten.

 

Andere Gemeinden wie Oberasbach oder Langenzenn hätten gerne MGH-Projekte. In Ammerndorf war es von Anfang an ein Zankapfel, warum?

Laurien: Ich weiß es nicht. Ich habe allerdings beim Gemeinderat die Erfahrung gemacht, dass Vorschläge, Meinungen oder Aussagen von Außenstehenden einfach nicht durchdringen. Da geht es dem Städteplaner nicht anders als dem MGH. Dabei ist Ammerndorf außergewöhnlich stark vom demografischen Wandel betroffen. Und das heißt nicht nur, dass zu wenig Kinder geboren werden. Es gibt keine Bauplätze, keine Schule im Ort. Die Vereine haben jetzt schon Probleme, ihre Vorstände neu zu beset-
zen. Doch anstatt die dringend erforderliche Gegensteuerung anzugehen, igelt man sich ein und hofft, dass alles nicht so schlimm wird.

 

Was kann ein Mehrgenerationenhaus in dieser Situation leisten?

Laurien: Wir können beraten und auf bestimmte Probleme hinweisen. Wir haben etwa 20 Ehrenamtliche, die in den vergangenen fünf Jahren mindestens ebenso viele Projekte im MGH gestemmt haben. Wir tun Dinge, damit die Menschen sich in Ammerndorf wohl fühlen, den Ort als attraktiv empfinden. Natürlich ist das nicht so sichtbar, wie wenn eine Straße saniert wird. Aber man muss dafür Geld in die Hand nehmen, außerdem verlangt das auch eine hohe Anerkennungskultur von offizieller Seite.

Lob gab es von da aber eher selten?

Laurien: Immer wieder wurden Stimmen laut, die Turnhalle würde nur wegen des Mehrgenerationenhauses teuer saniert. Das MGH koste der Gemeinde nur Geld. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Und selbst wenn wir Geld kosten würden, das MGH erbringt dafür auch Leistungen. Ich nenne hier nur einmal die Schulkindbetreuung, eine Pflichtaufgabe der Kommune. Bisher kostet sie die Gemeinde nichts. Ganz im Gegenteil, dank eines von mir ausgearbeiteten pädagogischen Konzepts haben wir für die zwei Gruppen 6000 Euro pro Jahr zusätzlich von der Regierung von Mittelfranken bekommen. Im Rathaus wird man sich umschauen, wenn die Betreuung nicht mehr über das MGH querfinanziert wird und keine Krankheitsvertretungen übernommen werden. Ich habe den Gemeinderäten die Zahlen schwarz auf weiß dargelegt, zusammen mit einem ausführlichen Konzept, aber man dringt nicht durch. Irgendwie kommt das nicht an.

 

Haben Sie diese Umstände zermürbt, ist das der Grund für Ihre Kündigung?

Laurien: Ausschlaggebend war eine Veröffentlichung im OnlineMagazin der Ammerndorfer CSU im vergangenen Dezember. Da hieß es, das MGH mache nur fünf Veranstaltungen. Wir sollten einerseits mehr tun, andererseits aber auch keine Konkurrenz für die Vereine sein. Weder mit mir noch mit einem der Ehrenamtlichen hat jemand von der CSU vorher Kontakt aufgenommen, um nachzufragen. Ich kann nicht verstehen, weshalb der Bevölkerung solche Falschinformationen vermittelt werden. Dazu kommen die ständigen Rechtfertigungen, was wir eigentlich tun. Ich habe meine Arbeit aber dennoch immer gerne gemacht und so viele unterschiedliche Menschen kennengelernt. Dabei sind persönliche Kontakte entstanden, und das sehe ich sehr positiv.

 

Wie waren die Veranstaltungen im MGH in den vergangenen Jahren frequentiert?

Laurien: Wir hatten richtige Renner, wie den Computerkurs für Senioren. Die Beratung von Familien, auch die Schulkindbetreuung erfreut sich großer Beliebtheit, trotz der Ganztagesschule. Generell hat das MGH aber darunter gelitten, dass es keine zentrale Anlaufstelle gab. Es war alles über den Ort verteilt. Und wenn Senioren zu Veranstaltungen in den zweiten Stock des Rathauses oder die Bergstraße hinauf zum TSV Ammerndorf müssen, wird es eben schwierig.

 

Wie sieht die Zukunft des Mehrgenerationenhauses in Ammerndorf aus?

Laurien: Bis Ende des Jahres steht die Förderung durch den Bund. Danach wird es weitergehen, aber die neuen Bedingungen sind noch nicht definiert. Die neue Bewerbung und die Projekte fürs nächste Jahr müssten vorbereitet werden. Das wird schwieriger, weil zum einen auch andere Kommunen aus dem Landkreis ihren Hut in den Ring werfen und zum anderen der Gemeinderat das Vorhaben „Wohnen Jung/Alt“ nicht mehr weiter verfolgt. Dieses Projekt hat uns bei der letzten Bewerbung etliche Pluspunkte eingebracht. Die Ehrenamtlichen werden entweder zum Teil gleich aufhören oder nur noch ihr Projekt beenden. Wenn eine neue Leitung mit großem Elan viel Zeit investiert und unvorbelastet auf den Gemeinderat zugeht, kann es aber gelingen, das MGH zu erhalten.