Keine Spur vom Gau

3.8.2014, 06:00 Uhr

Die gute Nachricht gleich zu Beginn: „Die Baustelle liegt voll im Zeitplan“, sagt Christoph Eichler, beim Staatlichen Bauamt Nürnberg zuständig für den Landkreis Fürth. Läuft alles so weiter, wird die Brücke im November wieder für den Verkehr freigegeben. Dann sind 2,3 Millionen Euro verbaut.

Gemessen an der großen Aufregung, speziell in den Wochen vor Beginn der Arbeiten Anfang April, geht es jetzt sehr entspannt zu. Während sich oben auf dem verbliebenen Teil der Zwillings-Brücke die Autofahrer über die zwei noch bestehenden Fahrspuren schlängeln, befreien unten die Arbeiter die Widerlager von der Holzschalung. Eines der massiven Betonteile, das auf der östlichen Seite der Rednitz Richtung Nürnberg, glänzt bereits in der Sonne, ebenso der Stützpfeiler in der Mitte. Auf Oberasbacher Seite ist der 5,60 Meter hohe und knapp 15 Meter lange Koloss teilweise noch mit Brettern verkleidet. Hoch darüber im Himmel dreht sich der Arm des Kranes.

Seit April ist Bauleiter Markus Rothenberger vor Ort. Nachdem die Brücke oben komplett abgeräumt war, zerlegte ein Spezialbagger den knapp 60 Jahre alten Übergang samt Fundamente in transportable Brocken. In den nächsten Wochen werden unter der Konstruktion sogenannte Lehrgerüste aufgestellt. Auf diese und die Widerlager kommen die Stahlträger, darauf die Holzschalung, und dann wird betoniert. In den Ferien wird laut Rothenberger voll durchgearbeitet, jeweils mit sechs oder sieben Mann.

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75 Brückenbauwerke – 24 auf Kreis-, 29 auf Staats- und 22 auf Bundesstraßen — betreut das Staatliche Bauamt Nürnberg im Landkreis. Der Großteil stammt, wie auch im Rest der Republik, aus den 1960er und 70er Jahren. Eigentlich, sagt Fachmann Eichler, gehe man bei den Brücken theoretisch von einer Lebensdauer von rund 80 Jahren aus. In diesem Zeitraum haben die Übergänge in der Regel bereits zwei Sanierungen hinter sich, dann ist ein Neubau fällig. In der Praxis sind viele Brücken aber schon vorher komplett marode. Die Verkehrsbelastung ist dabei einer der wichtigen Faktoren, aber auch das Material. So steckt beispielsweise in der Fernabrücke Spannstahl, der spröde geworden ist und den Abriss unumgänglich macht.

Sanierung als Dauergeschäft

Die Brücken im Landkreis werden das Staatliche Bauamt auch künftig beschäftigen. Aktuell werden an der Rad- und Gehwegbrücke über die Kreisstraße FÜ 6 Reparaturen erledigt und der Übergang über die B 8 bei Seukendorf saniert. Weitere Brücken folgen, wenn auf der Südwesttangente im nächsten Jahr die beiden Fahrspuren zwischen der Anschlussstelle Cadolzburg und Würzburger Straße Richtung Fürth komplett erneuert werden. 2015 rücken auch bei der Straßenbrücke bei Weinzierlein die Bautrupps an. Und für 2016 steht bereits der zweite Teil der Fernabrücke im Kalender. Die Konstruktion aus den 1970ern wird allerdings nicht abgerissen und neu errichtet, sondern lediglich saniert.

Brückenbaustellen sind nicht nur wegen der vielen beteiligten Stellen und Ämtern diffizil, das größte Problem ist meist die Umleitung des Verkehrs. Oberasbacher und Zirndorfer Stadträte befürchteten im Vorfeld einen „Super-Gau“. Von der Hand zu weisen war das nicht, immerhin weist die Rothenburger Straße auf der Fernabrücke eine Belastung von rund 31 000 Fahrzeuge pro Tag auf, ein Spitzenwert für bayerische Staatsstraßen. Das Staatliche Bauamt winkte jedoch nur ab und verwarf auch den Bau einer Ersatzbrücke, die sich nun angesichts der nun nicht eingetretenen Schreckensszenarien als kostspieliges und unnötiges Extra erwiesen hätte.

Die Verdrängung der Verkehrsströme in die Seitenstraßen, das war es, was Oberasbacher Stadträte befürchtet hatten. Dafür prädestiniert: die Bahnhofstraße als klassische Nord-Süd-Route von und zur Bundesstraße B 14 in Stein. Ursula Hahn, die mit einer Bürgerinitiative gegen den Ausbau der Bahnhofstraße und damit noch mehr Autos vor der Haustüre kämpft, hat freilich eine interessante Beobachtung gemacht. In den ersten Tagen nach Beginn der Arbeiten habe der Verkehr „schlagartig abgenommen“. Erst als sich die Angst vor dem propagierten „Kollaps“ verflüchtigt habe, veränderte sich die Situation wieder. Aktuell nutzten „etwas weniger“ Autofahrer die Route als sonst.

Dafür steht Ursula Hahn jetzt selbst im Stau und zwar auf ihrem Weg zur Arbeit, morgens in der Steiner Mühlstraße. Das kann Huber Bock, Leiter der Polizeiinspektion Stein, bestätigen. Ein wenig mehr Verkehr stellen die Ordnungshüter hier fest. Vermutlich Unterasbacher, die auf dem Weg nach Nürnberg hier „reindrängen“, wie Bock sagt. Positiv ist aus seiner Sicht aber die Gesamtsituation: „Wir hatten erhebliche Bedenken.“ Doch die haben sich nicht bewahrheitet: Autofahrer, die sich andere Wege suchen, die großräumige Beschilderung, die schon Wochen vorher auf die Baustelle hinwies. Alles Dinge, die zur aktuellen Entwicklung beigetragen haben. „Aber wo der Verkehr abgeblieben ist, können wir auch nicht ganz nachvollziehen“, so Bock. Auf der Südwesttangente gebe es jetzt zwar häufiger Stau, ob der jedoch auf die Baustelle „Fernabrücke“ zurückzuführen ist? „Das“, meint der Steiner Polizeichef, „ist reine Spekulation.“