Krabbler und Kraxler

17.8.2014, 06:00 Uhr

Krabbelkinder, die in ihrer Krippe bis unter die Raumdecke klettern, Stufen erklimmen und eine meterhohe Brücke überwinden. Und dennoch brechen Mütter und Väter nicht in Panik aus, ja sie helfen sogar mit, ein Raumkonzept in die Tat umzusetzen, das dem Bewegungsdrang ihrer Kinder entgegen kommt.

Seit September 2008 bietet die Kita Blumenwiese eine Krippe an. Zu ihren Gunsten war eine Kindergartengruppe aufgelöst und der Raum mit kleinen Veränderungen den Bedürfnissen der Jüngeren angepasst worden.

Ausreichend war dies aber aus pädagogischer Sicht nicht. „Kinder in diesem Alter haben einen enormen Bewegungsbedarf“, sagt die Leiterin der Blumenwiese, Margit Himmelhuber. Zugleich bräuchten sie aber auch Rückzugsmöglichkeiten, wenn ihnen der Trubel zu viel wird. Auch die Kindergartenaufsicht des Landratsamtes nannte diese Minuspunkte an der Großhabersdorfer Einrichtung.

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Lösen ließ sich das Problem keinesfalls mit einem Anbau an die Blumenwiese, denn das Grundstück der Kita mitten in einem Wohngebiet ist zu klein. Margit Himmelhuber und Krippenleiterin Simone Raab entwickelten daher die Vorstellung, eine zweite Ebene in den schon vorhandenen 54 Quadratmeter großen Raum einzuziehen. Die Suche nach Ideen, wie so eine Ebene aussehen könnte, führte die beiden Pädagoginnen in eine Einrichtung nach Auerbach in der Oberpfalz, wo sie auf das Raumkonzept Schilling stießen. Die Firma bietet maßgeschneiderte Lösungen für Kitas an und garantiert deren Abnahme durch den Tüv. Letzter Punkt war vor allem Simon Schäffler sehr wichtig. Er ist Geschäftsführer für alle evangelischen Kindergärten im Raum Roßtal, Großhabersdorf und Ammerndorf. „In Einrichtungen für Kinder gelten höchste Sicherheitsstandards“, betont er, und diese erfülle das Raumkonzept Schilling.

Noch ist nur auf Plänen oder im Internet zu bewundern, wie die Aufbauten aus Holz in die Höhe wachsen. Breite Stufen, kleine Brücken und hölzerne Tunnel führen nach oben. Verschiedene Bodenbeläge lassen sich am besten auf allen Vieren erforschen. Immer abgesichert auf ihrem Weg in die Höhe sind die kleinen Krabbler mit festen Fangnetzen, die geschickt in das organisch wirkende Gesamtgebilde integriert sind. „Es ist eine inspirierende Gestaltung, die die Sinne anregt“, schwärmt Margit Himmelhuber. Kleine Glaskugeln blitzen auf, bizarre Holzformen ragen in die Luft. Es gibt viel zum Stauen und Greifen.

Simone Raab ist schon gespannt auf den Einzug mit „ihren“ Kleinen ab Mitte September. Was werden sich die Kinder zutrauen? „Die Möglichkeit, in die Höhe zu klettern, stärkt auf jeden Fall das Selbstbewusstsein“, sagt sie.

Bevor das Krippenteam und die 14 Mädchen und Jungen im Alter von sieben Monaten bis gut zwei Jahren den neuen Raum in Beschlag nehmen, müssen erst Helfer und Profis ran. Letztere sind deutlich in der Minderheit: Innenarchitektin Sarah Hengstebeck von Schilling Raumkonzepte und ein Schreiner der Firma Holz und Hobel rücken mit dem ehrgeizigen Ziel an, gemeinsam mit acht Helfern (Väter und Opas) die neue Krippe in nur knapp drei Wochen zu gestalten. Auch aus dem Kita-Team will die ein oder andere, je nachdem, wie die Kinder ihnen Zeit lassen, mit anpacken.

Noch Helfer erwünscht

„Wir könnten durchaus noch Helfer gebrauchen“, sagt Margit Himmelhuber. Sie beschreibt auch gleich die nötigen Qualifikationen: Wer sich meldet, sollte keine zehn Daumen haben und gerne mit Holz arbeiten. Spezielle Fachkenntnisse sind nicht nötig, denn Innenarchitektin Hengstebeck habe versprochen, dass nach wenigen Tagen alle an den Maschinen fit sind.

Wer sich besonders freut über den ehrenamtlichen Einsatz, ist Simon Schäffler. Er ist der Mann, der auch auf das Geld schauen muss. 40 000 Euro kostet der Einbau inklusive einer neuen Küche für die Krippe. 6000 Euro davon werden durch Muskelkraft erbracht. Sehr glücklich sei man über 14 000 Euro gewesen, die die Gemeinde Großhabersdorf beisteuert, 5000 Euro lässt der Elternbeirat aus seinen Ersparnissen springen, 1000 Euro kamen von der Sparkasse, weitere Spenden in Form von Geld und Sachleistungen von örtlichen Unternehmen. Schließlich werden 15 000 Euro aus der Rücklage der Blumenwiese entnommen, um das Projekt zu stemmen. „Danach sind wir mit unserer Krippe erst einmal wunschlos glücklich“, fasst Margit Himmelhuber zusammen, betont aber zugleich, dass es in den Kindergartengruppen schon noch das ein oder andere zu tun gibt.

Wer jetzt seinen kleinen Krabbler in der Blumenwiese anmelden möchte, muss sich auf die Warteliste setzen lassen: Mit 14 Kindern ist die Krippe randvoll.