Axel Prahl über zehn Jahre „Tatort“ aus Münster

20.11.2012, 00:00 Uhr

Vor zehn Jahren startete der unbekümmerte Mix aus Krimi und Komik und mauserte sich in Windeseile zum Fernsehkult. Im Jubiläumsfall („Das Wunder von Wolbeck“, 25. November, 20.15 Uhr, ARD) geht es dramatisch, aber auch sehr kurios zu: Der Tod eines Heilpraktikers führt das ungleiche Duo aufs platte Land, und während Thiel in der Dorfkneipe bei den sturen Einheimischen auf Granit beißt, legt Boerne eine Ziege, die Beweismittel vertilgt hat, kurzerhand auf den Seziertisch.

 

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Herr Prahl, seit zehn Jahren gibt es den Münster-„Tatort“. Wird es ihn in zehn Jahren auch noch geben?

Axel Prahl:
Bisher ist auf jeden Fall kein Ende in Sicht. Natürlich ist ein würdiger Abgang auf dem Zenit des Erfolges besser als ein langsames Dahinsiechen. Aber wir haben noch sehr viel Spaß – es macht Laune, mit dem ganzen Ensemble zu arbeiten.

Wie könnte ein würdiger Abgang dereinst mal aussehen? Landet Thiel als Leiche auf Boernes Seziertisch?

Prahl:
Wer weiß, vielleicht fliegt er auch versehentlich ein wenig zu hoch und rauscht ab in den Orbit (lacht). Erst kürzlich ist ja dieser Österreicher aus rund 40000 Metern Höhe abgesprungen.

Verliert die Rolle als „Tatort“-Kommissar, die sich ja wenig weiterentwickelt, nicht irgendwann an Reiz?

Prahl:
Natürlich gibt es bisweilen Wiederholungen, das bringt der Job des Polizisten ja mit sich (lacht). Deshalb hatte ich anfangs gebeten, Thiel so wortkarg wie möglich zu machen – in der Hoffnung, dass ich mir viele Standardplattitüden ersparen könnte. Aber man kommt nicht umhin zu fragen: „Wo waren Sie in der Zeit zwischen 8 und 18 Uhr?“

Sind Sie und Jan Josef Liefers eigentlich im echten Leben auch so unterschiedlich wie Thiel und Boerne?

Prahl:
Wir sind beide ganz anders als diese Figuren und gar nicht so unterschiedlich. Der Jan ist Musiker, ich bin Musiker, und schon deshalb verstehen wir uns fantastisch. Wir haben einen sehr ähnlich gelagerten Humor mit einer ordentlichen Portion Selbstironie. Das ist schon eine Superkonstellation.

Sie haben vor einer Weile Ihr erstes Album veröffentlicht, Liefers hat seine eigene Band. Machen Sie auch zusammen Musik?

Prahl:
Gelegentlich. Wenn wir eine Gitarre am Set rumstehen haben, musizieren wir gemeinsam und verkürzen uns die Wartezeit.

Im Jubiläumsfall trällern Sie für ein Kind ein Wiegenlied. Wird das künftig zur Gewohnheit, dass Sie im „Tatort“ singen?

Prahl:
Auf gar keinen Fall! Es war ein kleiner Ausrutscher, dem Buch geschuldet, es passte einfach. Es wird auch kein Duett zwischen Thiel und Boerne geben.

Manche Kritiker sagen, dass im Münster-„Tatort“ mehr gewitzelt als ermittelt wird...

Prahl:
Ach Gott, das rechte Maß zu finden ist eine Kunst, die niemand beherrscht. Dem einen ist es fast noch zu wenig Humor und den anderen ist es schon zu viel.

Wie viel Witz ist Ihnen denn persönlich am liebsten?

Prahl
: Ich messe die Sachen gerne an der Realität, ob das Ganze wirklich vorstellbar ist. Wenn die Fälle zu abstrus werden, dann ist das nicht mehr unbedingt mein Geschmack. Aber grundsätzlich finde ich viel schrägen, schwarzen Humor wunderbar.

Waren Sie da eigentlich schon „Tatort“-Fan, bevor Sie unter die Ermittler gegangen bin?

Prahl:
Ich habe mir als Zwölfjähriger, wenn ich in eine Wolldecke gewickelt vor dem Fernseher saß, schon bei der Musik von Klaus Doldinger fast in die Hosen gemacht. Als ich dann Kommissar wurde, fühlte ich mich in den Adelsstand erhoben, das ist ja die Königsklasse der Unterhaltung im deutschen Fernsehen. Und ich bin da in guter Gesellschaft. Selbst Leute wie Til Schweiger scheuen sich jetzt nicht mehr, „Tatort“-Kommissar zu werden.

Seinen ersten Einsatz erwartet die TV-Nation mit Spannung...

Prahl:
Ich bin selber sehr gespannt – es wird garantiert kein Krimi von der Stange. Ich drücke ihm ganz doll die Daumen.

Viele sagen, die Reihe könnte verwässern, weil es jetzt so viele Ermittlerteams gibt. Wie sehen Sie das?

Prahl:
Seit ich einmal ziemlich daneben lag, bin ich mit Prognosen vorsichtig. Da hatte ich gemutmaßt, dass es dem Format nicht gut tun wird, wenn der „Tatort“ auch in den Dritten Programmen permanent wiederholt wird. Weit gefehlt, er ist populärer denn je.

Haben Sie sich an Ihre eigene Popularität, die mit der „Tatort“-Rolle einhergeht, inzwischen etwas gewöhnt?

Prahl:
So richtig gewöhnen kann man sich daran nicht. Manchmal komme ich mir vor, als hätte ich einen Frosch auf dem Kopf, wenn ich durch die Stadt laufe, und die Leute anfangen zu flüstern oder mit dem Finger auf mich zeigen. Das ist schon etwas befremdlich. Aber es gehört dazu.

Jan Josef Liefers dreht neben dem „Tatort“ ein großes Filmprojekt nach dem anderen, wie „Der Turm“ oder „Baron Münchhausen“. Sie scheinen etwas kürzer zu treten. Wollen Sie mehr Zeit für Ihr Privatleben haben?

Prahl:
Das Privatleben kommt, glaube ich, bei uns beiden ein bisschen zu kurz. Das bleibt nicht aus, wenn man so im Fokus steht. Ich habe seit 2011 die Musik für mich entdeckt und darin sehr viel Zeit investiert, 2013 ist schon wieder von Anfang bis Ende komplett mit Arbeit durchgeplant.