Feiern mit dem Teufelstanz

7.3.2016, 18:26 Uhr

Im Jahr 1966 wurde der Philharmonische Chor, der heute mit dem Hans-Sachs-Chor und dem Lehrergesangverein zu den drei bedeutendsten Laienchören Nürnbergs zählt, vom Musikdirektor des damaligen Nürnberger Stadttheaters Max Loy ins Leben gerufen. Nach dem plötzlichen Tod des Gründers 1975 prägte KMD Gerhard Rilling als künstlerischer Leiter den Chor entscheidend bis 2013. Derzeit leitet ihn Gordian Teupke, der bereits für einige Highlights gesorgt hat. Zum Beispiel 2015 die Reise nach China für ein Chorprojekt, das auch den chinesischen Gegenbesuch in Nürnberg mit einem gemeinsamen Konzert beinhaltete.

Im 1. Festkonzert des Chors mit den Nürnberger Symphonikern stand ein spirituelles Erlebnis im Vordergrund, das sich weniger durch Religiosität als durch die Ekstase in der Musik selbst auszeichnet. Modest Mussorgsky zeigt in „Eine Nacht auf dem Kahlen Berge“ heidnische Leidenschaft: Hexen und Teufel tanzen zu frischen, aber bedrohlichen Themen auf einer schwarzen Messe des Satans. Den Anfang hätte der Philharmonische Chor etwas knackiger präsentieren können, aber er überzeugte dann mit seinem Können, unterstützt vom jungen Chor der Musikschule Nürnberg und Bassbariton Oliver Weidinger.

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Eine Messe im Geist des Tangos

In Franz Schuberts „Stabat Mater“ g-Moll wurde christliche Spiritualität deutlich, in Leonard Bernsteins „Chichester Psalms“ jüdische. Die hebräischen Psalmen weisen durch ungewöhnliche Taktarten und umfangreiches Schlagwerk die unverkennbar Bernstein’schen Rhythmen auf, die zum Teil an den Jazz angelehnt sind. Teupke und die Symphoniker legen einen zackigen Anfang hin und meistern zusammen mit dem Chor die vielen Dissonanzen und chromatischen Bewegungen im 3. Satz und im Finale. Für die ruhige, klare und saubere Darbietung der Psalmen des 2. Satzes bekommt der junge Solist des Tölzer Knabenchors viel Applaus.

Den Höhepunkt des Konzerts stellt die Misa Tango des argentinisch-
italienischen Filmkomponisten Luis Enriquez Bacalov von 1997 dar. Diese „Tangomesse“ verzichtet trotz Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus und Agnus Dei bewusst auf fast alle Bezüge zu Christus, erzeugt aber beeindruckend viel spirituelle Leidenschaft durch Tangorhythmen und Akkordeonklang. Der Nürnberger Akkordeonist Stefan
Hippe versteht es vorzüglich, seinem Instrument traurig-leidenschaftliche Melodien zu entlocken, deren melancholischen Grundton er mit Vibrato auf den Tasten und Knöpfen noch
verstärkt. Mezzosopran Ruth Volpert und Tenor Ricardo Tamura harmonieren perfekt als Solisten.

Die Symphoniker begeistern durch ihre rhythmischen Akzente und bezaubernde Cello- und Violinsoli, und der Philharmonische Chor ist jetzt richtig
aufgeblüht und beweist, wie präzise, äußerst sauber und dynamisch flexibel er singen kann. Das Publikum dankt ihm mit jubelndem Beifall.