Frauenpower: S!sters vertreten Deutschland beim ESC

22.2.2019, 23:15 Uhr

Diese zwei Gesichter und Stimmen vertreten Deutschland beim ESC in Tel Aviv: S!sters. © Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Freunde des gepflegten europäischen Liedwettbewerbs wissen es: Deutschland nimmt den Eurovision Song Contest sehr, sehr ernst. Nach vielen Desastern, letzten beziehungsweise vorletzten Plätzen und einem gerüttelt Maß an Verzweiflung lief es vergangenes Jahr in Lissabon für Michael Schulte mit "You Let Me Walk Alone" ziemlich geschmeidig: Ein vierter Platz und plötzlich waren wir wieder wer im europäischen Wettstreit der besten Drei-Minuten-Performances.

Diese zwei Gesichter und Stimmen vertreten Deutschland beim ESC in Tel Aviv: S!sters. © Britta Pedersen/dpa

Insofern gab es auch keinen Grund für den veranstaltenden NDR, am Vorentscheid-Verfahren etwas zu ändern. Satte Show, Glitzerregen, Nebelschwaden, rührende kleine Geschichten, Power, Protz und Peter Urban als Kommentator und "Grandmaster of ESC": Alles drin. "Ich liebe es jetzt schon wieder!", schmetterte Moderatorin Barbara Schöneberger zu Beginn der ARD-Übertragung aus Berlin ins gewohnt begeisterungswillige Publikum. Gemeinsam mit Linda Zervakis geleitete sie das Publikum durch einen kurzweiligen Abend – und was war man wieder froh um die unbezahlbare Selbstironie der TV-Wunderwaffe, die dem ganzen inszenierten Spektakel so herzerfrischend spontan jegliche Steifheit mit Charme und Schnauze austreibt.

Wumms und Wirkung lagen woanders

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Sieben Kandidatinnen und Kandidaten kämpften um die Krone, um den Einzug ins ESC-Finale in Tel Aviv am 18. Mai. Aly Ryan, BB Thomaz, Linus Bruhn, Gregor Hägele, Lilly Among Clouds, Makeda und S!sters. Nach einem, nennen wir es freundlich ausgeklügelten Jury-System, das kein Mensch versteht, lag wenn auch knapp das eigens für den Song und den Vorentscheid zusammengewürfelte Duo S!sters mit dem vollkommen überraschungsfreien Stück "Sister" vorne – mitkomponiert von Thomas Stengaard, der 2018 übrigens auch an Schultes "You Never Walk Alone" mitschrieb und am ESC-Siegertitel "Only Teardrops" von 2013 beteiligt war. Wenn's hilft!

Carlotta Truman und Laura Kästel besingen für Deutschland nun also weiblichen Zusammenhalt, und das machen sie zweifelsohne recht hübsch. Mehr Wumms und Wirkung lagen allerdings in anderen Auftritten. Etwa in dem von der in Würzburg lebenden Elisabeth Brüchner alias Lilly Among Clouds, deren piano-getragenes, selbstkomponiertes "Surprise" zwar nicht immer ganz sauber gesungen war, aber doch rausstach aus den zum Großteil im eigens vom NDR arrangierten Songwriter-Camp zusammengezimmerten Beiträgen.

Aber wollen wir mal nicht so sein, S!sters viele gute Wünsche mit auf den Weg geben und zum Schluss noch Uns Udo würdigen – Altmeister Lindenberg gab den Pausen-Onkel und machte lässig Werbung für die an den Vorentscheid anschließende Doku über ihn. Dieser Gedanke mag jetzt wenig originell sein: Man fragt sich jedoch schon, ob wir beim nächsten Mal nicht einfach unseren "König von Scheißegalien" zum ESC schicken sollten.