"Frühes Versprechen" nach der Autobiografie von Romain Gary

7.2.2019, 09:55 Uhr

Die alleinerziehende Nina Katsev (Gainsbourg) glaubt fest daran, dass ihr Sohn ein großer Schriftsteller, ein Frauenverführer und Kriegsheld im Dienste Frankreichs wird. Von klein auf schwört sie Romain darauf ein, und im Hinterhof des Mietshauses in Vilnius, wo die aus Russland vertriebenen Juden Anfang der 1920er Jahre leben, schreit sie es der hämisch lachenden Nachbarschaft entgegen.

Und Romain wird all das werden, er wird die überlebensgroßen Erwartungen seiner Mutter sämtlich erfüllen. Sein Antrieb sind ihre abgöttische Liebe (und seine eigene Liebe zu ihr), ihr unbeirrbarer Glaube an das einzige Kind und nicht zuletzt ihre zähe Tatkraft, mit der sie sich und den Sohn in ihr gelobtes Land Frankreich bringt. Als Hotelbetreiberin in Nizza verdient sie bald genug Geld, um dem Sohn das Jurastudium in Paris als Beginn einer ruhmreichen Karriere zu finanzieren.

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"Frühes Versprechen" basiert auf dem 1960 veröffentlichten autobiografischen Roman von Romain Gary. In der Rahmenhandlung des Films liest seine erste Frau in dem Manuskript, während der von Pierre Niney überzeugend verkörperte Romain die Rückblenden auf sein Leben als Erzähler kommentiert.

Barbier schießt weit übers Ziel hinaus

Viel musste Regisseur Eric Barbier zu dieser so unwahrscheinlichen, aber wahren Heldensaga gar nicht hinzudichten. Dass er die Ereignisse komödiantisch zuspitzt, macht den Film durchaus unterhaltsam. Auch Romains Leiden unter einem Leben im Bann des Über-Ichs der Mutter (von dem er sich nicht befreien kann und letztlich auch gar nicht will) wird fein herausgearbeitet. Und die sonst so fragil auftretende Charlotte Gainsbourg macht aus der Übermutter Nina eine unter die Haut gehende Studie über Größenwahn, Stärke und unerschütterliche Liebe.

Doch in seinem Ehrgeiz, sämtliche Schauplätze und Ereignisse aus den ersten 30 Lebensjahren Romains auf gut zwei Stunden Filmlänge zu komprimieren, schießt Barbier weit übers Ziel hinaus. Der Film hetzt durch immer neue Kulissen, reißt selbst Höhepunkte und tragische Erlebnisse nur an. Dabei bergen vor allem Romains Kriegseinsätze in Afrika und als Pilot der französischen Luftstreitkräfte Stoff für großes Kino. Doch statt sich Zeit zu nehmen und das Innenleben seines Protagonisten näher zu erkunden, belässt es Barbier bei Momentaufnahmen, die oft Anekdoten gleichen.

Einmal liegt der an Typhus erkrankte Romain im Lazarett in Libyen, ein Todgeweihter, der im Fieberwahn die Worte seiner Mutter halluziniert. Es ist eine der stärksten Szenen des Films, die noch einmal eindringlich deutlich macht, wovon Romain Garys Leben abhing.

1980, mit 66 Jahren, schoss sich der Schriftsteller in Paris eine Kugel in den Kopf. Der Autor, der auch unter Pseudonym schrieb und zwei Mal den Prix Goncourt gewann, hinterließ 34 Romane. Im Film, der sich auf die frühen Jahre konzentriert, erfährt man so gut wie nichts über sein Werk, aber er macht bei allen Mängeln Lust darauf, diesen Autor wiederzuentdecken. (F/131 Min.)