Gelungenes Roman-Debüt eines Nürnberger Autors

12.8.2016, 16:00 Uhr

Fuchs ist ein vielseitig interessierter und begabter Mensch. Weil er sich in jungen Jahren nicht grundsätzlich zwischen Natur- und Geisteswissenschaften entscheiden mochte, studierte er nicht nur Physik, sondern auch Germanistik und wurde nebenher Mitglied in der legendären Punkband „Ungewaschene Papstmörder“.

Seine in germanistischen Seminaren vertiefte Liebe zur deutschen Sprache und Kultur führte ihn fast zwangsläufig zum literarischen Schaffen. So schrieb er anderem ein Hörspiel mit dem geheimnisvollen Titel „Die singenden Statuen“, diverse skurrile Kurzgeschichten sowie Satiren und Glossen für Zeitschriften wie Titanic, Salbader und Curt. Überdies ist er Mitgestalter der Veranstaltungsreihe „Radio Bernstein“ in der Nürnberger Kunstgalerie Bernsteinzimmer. 2014 gewann er mit seiner Geschichte „Der Tote im Wehr“ den Fränkischen Krimipreis.

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Die Handlung seines jetzt vorliegenden ersten Romans verlegte Theobald Fuchs klugerweise in das Dorf Artelshofen (Gemeinde Vorra/Mfr.), in dem er selbst aufgewachsen ist und wo er sich wirklich bestens auskennt.

Scheinbare Idylle

Wie viele kleine Orte im Nürnberger Land wirkt auch Artelshofen auf den ersten Blick ungemein idyllisch. Eine überschaubare Ansammlung mehr oder minder bescheidener Häuslein liegt malerisch eingebettet in einer an Steinen reichen Landschaft von durchaus spröder Schönheit. Als kunsthistorische Sehenswürdigkeiten gelten die evangelische Pfarrkirche aus dem 18. Jahrhundert mit Deckenstuck des berühmten Donato Polli und vor allem das Wasserschlösschen, das eine Patrizierfamilie aus der nahen freien Reichsstadt Nürnberg im 14. Jahrhundert hat erbauen lassen. Dass aus Nürnberg auch in späteren Zeiten nicht nur Zeugnisse der Hochkultur, sondern auch vielerlei modische Unsitten ins Dorf kamen, zeigen die von Theobald Fuchs in seinem Buch geschilderten dramatischen Ereignisse. Ausgerechnet der Artelshofer Bauunternehmer Georg Degenhardt, eine Seele von Mensch und ein Franke wie aus dem Bilderbuch, stößt im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit auf zwei der Leichen, die einige seiner offenbar vom Sündenpfuhl Großstadt verdorbenen Mitbürger nicht nur in ihren Kellern lagern.

Bei Erdarbeiten auf dem Friedhofsgelände entdeckt er im Grab eines Selbstmörders eine Leiche zuviel, und bei der Ausbesserung einer schadhaften Stützmauer kommt plötzlich eine in Beton gegossene Mumie zum Vorschein. Die Funde sorgen allerdings nur vorübergehend für erregte Diskussionen in den beiden Dorfwirtshäusern. Vor allem, weil sich auch Polizei und Staatsanwaltschaft nur sehr mäßig für die „eindeutig lange verjährten Fälle“ zu interessieren scheinen.

Abgrund der Unmoral

Nur dem braven Degenhardt lässt die Angelegenheit dauerhaft keine Ruhe. Ermuntert von seiner „studierten“ Ehefrau Almuth betätigt er sich als (höchst laienhaft agierender) Privatdetektiv. Bald blickt er mit ständig wachsendem Entsetzen in einen Abgrund der Unmoral, in dem sich Drogenhändler und -Konsumenten, Prostituierte und Zuhälter, Mörder und Psychopathen tummeln.

Die schier grenzenlose Naivität, die der Dörfler bei seinen zögerlichen Kontakten mit der großen weiten Welt offenbart, sollte der Leser dem Autor nicht vorschnell als allzu krasse satirische Übertreibung anlasten. Das Erzählte ereignet sich in den späten 1970er Jahren. Damals waren die meisten Deutschen noch ein bisschen blauäugiger.

Theobald O. J. Fuchs: Niemand ruht ewig. Roman, ars vivendi Verlag. 279 Seiten, 12,90 Euro.

Der Autor liest am 21. August, 18 Uhr, in der Nürnberger Galerie Bernsteinzimmer, Großweidenmühlstr. 11. Michael Ströll sorgt für den musikalischen Rahmen.