Harte Jungs: Neues von der Nürnberger Band Amen 81

26.2.2019, 18:36 Uhr

"Die neue Scheibe hat eine ganz andere Wut als die Platten davor", sagt Gitarrist Heiko. Dabei waren Amen 81 von Anbeginn politisch. Trotzdem sind viele Lieder auch sehr persönlich — und Momentaufnahmen, wie der frühe Beitrag "Nürnberg soll brennen", den Schlagzeuger Thorsten schrieb, als er noch Dreadlocks trug und deshalb ständig von der Polizei kontrolliert wurde.

Doch auch die eigene Szene war und ist nie sicher vor Kritik, sei es für das unreflektierte Tragen von Palästinensertüchern oder für das Tanzverhalten, etwa wenn auf Konzerten kleinere und leichte Menschen hinten stehen müssen, weil vor der Bühne ohne Rücksicht auf Verluste geschubst und getreten wird. Amen 81 sind bekannt dafür, Besucher anzupöbeln, wenn sie nerven. "Natürlich darf man als Band das Publikum kritisch hinterfragen", sagt Thorsten und betont sofort, dass die Gewalt auf Konzerten in den letzten 20 Jahren ohnehin massiv abgenommen habe und dass allen in der Band die Szene immer noch wichtig sei. "Wir sind immer noch total gerne Punks!"

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Frisch, laut, ungebremst

Und das hört man auch – zum Beispiel auf dem superguten neuen Album "Attack Of The Chemtrails", das von vorne bis hinten ballert. 13 Nummern, frisch, laut, hart und ungebremst. Das Tempo ist hoch, die Produktion (aufgenommen wurde in den Ghost City Recording Studios unweit von Georgensgmünd) glasklar. Wie bei Amen 81 üblich gibt es zwischen den Liedern jede Menge lustige Samples. Und die Texte, wir hatten es schon: stinkwütend. Zeit (nicht nur) für Verschwörungstheoretiker, den Aluhut tiefer ins Gesicht zu ziehen: Hier kommt Gegenwind!

Auch im 25. Bandjahr keine Spur von Altersmilde — harte Zeiten verlangen nach harten Liedern. Da hilft es auch nicht, dass die Musiker inzwischen alle gestandene Familienväter sind. Zehn Kinder – für eine Drei-Mann-Kapelle nicht schlecht.

Ein Nummernschild stand Pate

Umso bewundernswerter, dass Amen 81 immer noch aktiv sind. "Ein fester Probentermin einmal in der Woche hilft, dranzubleiben", sagt Bassist Rene, der seit 20 Jahren dabei ist. Gestartet wurde Amen 81 von Heiko und Thorsten, die zusammen in einer WG lebten und die Band im Frühjahr 1994 gründeten, nachdem sie gemeinsam im alten Kunstverein (damals noch in der Hinteren Cramergasse beheimatet) Zeuge eines denkwürdigen Auftritts der US-Grindcore-Kapelle Disrupt wurden. "So etwas haben wir seither nie wieder erlebt", schwärmt Thorsten nach all den Jahren immer noch und schreibt dem Mann von der Zeitung gleich mal ein paar Plattentitel auf, die er sich unbedingt zu Hause anhören muss.

Anfangs lärmte man als Corpus Christi, doch so hatte sich zuvor bereits eine andere Hardcore-Band benannt. Der Legende nach war es dann ein Auto mit dem Nummernschild "AM-EN 81", das den neuen Bandnamen quasi im Vorbeifahren lieferte. "Das war auf dem Weg zu einer Probe", bestätigt Thorsten. Okay, wieviel Humor steckt in Amen 81? "Schon viel. Bandintern auf jeden Fall, live auch – nur auf Platte vielleicht nicht so …"

Aktuelle LP/MC: Amen 81 "Attack Of The Chemtrails" (Twisted Chords)