Offenbarungen in Rot

1.10.2011, 00:00 Uhr

Der unaufhaltsame Vampir-Hype hat auch Deutschland fest in seinem Biss. Angefangen mit der Twilight-Saga über diverse TV-Serien wie Moonlight, Vampire Diaries und Blood Ties, flimmern überlange Eckzähne, entblößte Hälse und roter Lebenssaft über Leinwand und Röhre. Doch was hat das alles mit Jace Everett zu tun?

Nun, der Countrysänger lieh der kultigen HBO-Erfolgsserie "True Blood" mehrfach seine Stimme und das nicht nur in Form zahlreicher Hintergrund-Dudler. Mit "Bad Things" liefert der in Evansville (Indiana) geborene Amerikaner den wohl genialsten Serien-Titelsong der vergangenen Jahre ab. Schon nach einmaligem Hören dürfte sich die Melodie derart präsent im Bewusstsein zementieren, dass ein notorisches Nachsummen selbst nach Stunden nicht abklingt.

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Auch der Text hat es in sich, vereint er doch in mehr als einer Hinsicht Begierde, Verlangen und erotische Konflikte, bleibt dabei aber angenehm unkompliziert, pur und auf den Punkt. Passt wie der Sarg in die Gruft, wenn man sich die "True Blood"-Geschichte um Sookie Stackhouse und ihren wenig kuschligen Vampirfreund Bill Compton ins Gedächtnis ruft.

Country ohne Korsett

Sein mittlerweile drittes Studioalbum "Red Revelations" aber auf diesen einen Song (übrigens den letzten der 12 Lieder umfassenden Setlist) zu reduzieren, wäre fatal. Jace Everett ist weit entfernt vom Image des Säufer-Cowboys mit rauchiger Bourbon-Stimme, wenngleich er seine Beziehung zu Texas, wo er einen Großteil seiner Kindheit verbrachte, nicht leugnen kann. Geschickt spielt er mit den Genre-Klischees und bricht immer wieder aus dem steifen Korsett der amerikanischen Volksmusik aus, lässt ein wenig Pop und Rock ("One Of Them", "Little Black Dress") einfließen und hat keine Angst vor spontanen Stimmungsschwankungen. Die Bandbreite reicht von schwermütig ("Burn For You"), spritzig ("More To Life") bis temporeich ("What It Is?"). Einfach immer wieder anders.

So passen einige Songs ganz wunderbar in ein typisches US-Highway-Diner ("Damned If I Do"), während andere durchaus als Soundtrack für Road Movies ("Lean Into The Wind") und moderne Western ("Permanent Thing", "Posession") herhalten könnten.

Fazit: "Red Revelations" ist überraschend abwechslungsreich, eingängig und kurzweilig. Umso schlimmer, dass Jace Everett bislang eher erfolglos durch die Lande zieht. Sein selbstbetitelter Erstling, damals unter Sony, sowie sein zweites Werk "Old New Borrowed Blues" wurden gleichermaßen von Fachpresse und potentiellen Hörern größtenteils ignoriert. Erst "True Blood" und dem genialen "Bad Things" ist es zu verdanken, dass der talentierte Sänger einem breiteren Publikum zumindest in den Ohren klingt. Damit es dabei nicht bleibt, sei sein dritter Wurf an dieser Stelle allen empfohlen, die ein Herz für dunklen Country haben und nicht davor zurückschrecken, den musikalischen Horizont zu erweitern.

Bewertung: 8 von 10