Seit über dreißig Jahren im Einsatz für das Kino

1.1.2019, 18:00 Uhr

Der krönende Abschluss des ausklingenden Kinojahres war für Christiane Schleindl die Buchpräsentation zur großen Edgar-Reitz-Werkschau – ein Standardwerk, das nicht nur die gesamte zweimonatige Werkschau inklusive aller Filmgespräche dokumentiert, sondern auch einen kompletten Überblick über das mehr als 60 Jahre umfassende Œuvre des renommierten Filmemachers gibt. "Es war eine Reise, die durch das persönliche Engagement von Edgar Reitz wirklich in die Tiefe ging. Es war das, was ich mir von Kino erträume", schwärmt Schleindl.

Dass Kino mehr ist, als Filme abzuspielen, war für sie früh klar. Schon während ihres Pädagogik-Studiums machte sie Praktika im Kommkino, das in der soziokulturellen Aufbruchzeit unter Nürnbergs Kulturreferent Hermann Glaser neue Formen des Kinos ausprobierte und damit auch gesellschaftspolitisch Position bezog. "Das Kommkino", erinnert sich die 60-Jährige, "war ein richtiger Durchlauferhitzer für Leute, die dann in anderen Städten Kino machten."

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Schleindl blieb in Nürnberg, arbeitete als Dozentin in der 1986 vom Bildungszentrum eröffneten Filmvilla und gründete zusammen mit Stephan Grosse-Grollmann die Filmhaus-Initiative. Deren Hoffnung, das ambitionierte Projekt auf dem ehemaligen LGA-Gelände zu verwirklichen, scheiterte bekanntlich am Votum des Stadtrats für den Bau von Wolfram Webers Multiplexkino Cinecittà. Noch heute erinnert sich Schleindl wehmütig an die "unglaublich kreative Atmosphäre" der von den verschiedensten Kulturinitiativen getragenen "AG Zwischennutz", die das LGA-Gebäude interimsweise bespielte. Doch schon nach drei Jahren, 1992, war wieder Schluss. Zwar kam das Filmhaus 1995 im Cinecittà unter, doch Schleindl erkannte schnell: "Filmkunst und Multiplex passen nicht zusammen."

"Kein Film läuft ungesehen"

Seit 2000 hat das Filmhaus im umgebauten Künstlerhaus am Königstor eine neue, feste Heimat. Schleindl und ihr kleines Team, zu dessen Kernmannschaft neben Grosse-Grollmann noch Mikosch Horn, Kinga Fülop und Janine Binöder zählen, bieten hier Filmkunst vom Feinsten: monatliche Retrospektiven zu einem Regisseur, Schauspieler oder Genre, Erstaufführungen jenseits des Mainstreams, Stummfilme, Fremdsprachen- und Kinderkino. Und stets gilt: "Kein Film läuft ungesehen."

Zum hohen Qualitätsanspruch gehören auch die Filmvermittlung und der Austausch mit dem Publikum. Regelmäßig werden Filmemacher und Filmexperten eingeladen. Und nicht zu vergessen das Schulkino: Allein das macht rund ein Viertel der jährlich rund 40 000 Besucher aus.

Dabei ist der künstlerische und kulturelle Qualitätsanspruch, mit dem man sich auch gegenüber den Programmkinos abgrenzt, laut Schleindl inzwischen zur echten Herausforderung geworden. Denn es geht längst nicht mehr allein um "die Pflege der Filmkunst und Filmgeschichte", sondern um neue Präsentationsformen, neue Kooperationen und Zielgruppenarbeit, um auch jüngere Leute zu erreichen. Das Filmhaus setzt dabei unter anderem auf die Zusammenarbeit mit der Kunstakademie.

Von Routine also keine Spur: Um sich wieder mehr auf die Arbeit im Filmhaus konzentrieren zu können, hat Schleindl 2015 ihren langjährigen Vorsitz im Bundesverband kommunale Filmarbeit abgegeben. Allerdings gehört sie weiter zum Vorstand, vertritt im Verwaltungsrat der deutschen Filmförderungsanstalt den Bundesverband kommunale Filmarbeit und ist Jurorin beim hessischen Kinoprogrammpreis.

Technisch ist das Filmhaus selbstredend auf dem neuesten Stand, verfügt aber auch weiterhin über alle analogen Abspielformate. Aktuell wünscht sich Schleindl vor allem eine bessere Wahrnehmung der kommunalen Kinos durch die Kulturförderung. "Da sind wir noch lange nicht auf Augenhöhe mit den Theatern und klassischen Konzertbühnen." Die Konkurrenz durch die Streamingdienste wie Netflix, die immer mehr renommierte Filmemacher abziehen und deren Werke, wenn überhaupt, nur für ganz kurze Zeit in den Kinos spielen (wie aktuell "Roma" von Alfonso Cuarón, den das Filmhaus im Januar zeigt) beobachtet sie mit Sorge. Während das Filmhaus nicht auf die Erstauswertung angewiesen sei, sei sie für andere Kinos existenziell. "Da kann viel kaputt gemacht werden. Man muss was dagegen tun."

In der obersten Liga

Den Kino-Kämpfergeist hat sich Schleindl bis heute bewahrt. Anders könnte sie ihr Pensum auch kaum bewältigen. Angesichts des Filmhaus-Programms für 2019 glaubt man ihr sofort, dass sie zur Vorbereitung so manche Nacht in der reich bestückten Bibliothek verbringt. Dass sich der Aufwand lohnt und das Filmhaus einen ganz wesentlichen Beitrag zu einer Kinolandschaft leistet, um deren Vielfalt selbst größere Städte Nürnberg beneiden, steht für Schleindl außer Frage. Auch aus ihrer Arbeit in den verschiedenen Gremien weiß sie: "Als Kinostadt spielt Nürnberg in der obersten Liga."

Und was macht ein Kino-Junkie wie sie, wenn das Kino doch mal Pause hat? Wandern, Theaterbesuche oder, wenn gar nichts mehr geht: Pantoffel-Kino. Lieblingsserie bis heute: "Bezaubernde Jeannie". Dazu steht Schleindl: "Ich bin schließlich nicht nur der Kulturburger."