Suche nach dem eigenen Stil mit «Irish Heart“

4.1.2007, 00:00 Uhr

Auf der neuen Scheibe erlebt man Sie nicht nur als Gitarristen, sondern auch als Sänger - ein Zugeständnis das man an den Massengeschmack machen muss?

Torsten Goods: Nein. Ich habe gerne gesungen, noch ehe ich 14 war, und den zwei vorherigen Alben gibt es Gesangsnummern. Da kann ich mich einfach anders ausdrücken, anders phrasieren, als auf der Gitarre. Aber im Grunde macht es die Mischung.

Welche Vorbilder hat man als junger Jazzmusiker im beginnenden 21. Jahrhundert?

Goods: Gitarristisch ganz klar Birelli Lagrène, als Sänger George Benson und B. B. King. Benson spielte, als er in meinem Alter war, noch «strictly jazz». Auch West Montgomery und Django Reinhardt waren für meine Entwicklung sehr wichtig.

Sie haben zwei Jahre in den Staaten verbracht. Wie unterscheidet sich die amerikanische Jazzszene von ihrem europäischen Pendant?

Goods: In den USA ist das Niveau sehr hoch, man muss ein Riesenrepertoire haben, wenn man in einem der «angesagten» Jazzclubs mitjammen will. Da kann es schon mal passieren, dass am Abend Wynton Marsalis oder Roy Hargrove hereinschneien - und du musst da mithalten. Die große Karriere schminken sich nach solchen Erfahrungen viele ab. Es ist auch schwer, eine eigene Stimme, eine eigene Linie zu finden. Auf jeden Fall lernte ich viel und saugte alles Mögliche auf.

Wie haben Sie George Benson bei Ihrem Aufenthalt in den USA kennengelernt?

Goods: Durch den Hammondorgelspieler Seleno Clarke, der George kennt, seit er mit 19 aus Pittsburgh nach New York kam. Seleno ist so etwas wie der «ewige Geheimtipp»: Ein Spitzenmusiker, der außerhalb Amerikas kaum bekannt geworden ist. Als ich Benson traf, fragte er mich als erstes, mit was für einem Plektrum ich spiele. Einige Zeit später lud er mich auf eine Barbecue-Party ein - das geht drüben eben alles ein wenig lockerer als bei uns.

Eine eigene Stimme, eine Linie finden . . . Welche stilistische Linie verfolgt Torsten Goods?

Goods: Man darf sich nicht prostituieren, sollte aber für alles Interessante offen sein, deshalb sperre ich mich auch nicht gegen Sachen wie Fusion oder Jazzrock. Was ich jetzt mache, kommt aus mir. Und ich will nicht nur Insidermusik machen, sondern breitere Schichten ansprechen. «Irish Heart» ist aber bestimmt keine Folk-Platte geworden. Ich suchte einfach eine Alternative zum «Great American Songbook» und verwendete dann neben Traditionals auch Songmaterial von Van Morrison, das ich in meinem eigenen Stil arrangierte.

Hat sich durch die noch recht frische Zusammenarbeit mit einem renommierten deutschen Jazz-Plattenlabel etwas geändert?

Goods: Man kann es sich dadurch leisten, herumzuprobieren, verschiedene Sachen anzutesten und manches, das nicht funktioniert, auch wieder zu verwerfen. Der Chef von ACT, Siegfried Loch, hört bei den Aufnahmen ganz genau hin - und produziert, wie er sagt, nur Musik, auf die er selber steht. Das merkt man dann natürlich auch als Künstler. HANS VON DRAMINSKI

Aktuelle CD: Torsten Goods: «Irish Heart» (ACT Music)