«Tanzen bringt jedem Menschen etwas«

29.3.2008, 00:00 Uhr

Herr Bader, Sie waren einer der Geburtshelfer bei der Idee, Tanz zum Thema des Großraumfestivals 2008 zu machen. Warum Tanz?

Michael Bader: Die Großraumprojekte sollen ja vorhandene künstlerische, kulturelle oder soziokulturelle Strömungen aufgreifen und im besten Fall nachhaltige Impulse für die Zukunft geben. Die Kunstform Tanz hat in der Region einen sehr schweren Stand, dabei gibt es in diesem Bereich sehr viele, ganz unterschiedliche Ansätze. Das reicht von den Tanzschulen und der Tanzpädagogik über eine relativ dichte freie Szene bis zum Staatstheater. Trotzdem fehlt in der Öffentlichkeit das Bewusstsein für zeitgenössischen Tanz. Das ist ein ganz großes Problem, die Resonanz ist einfach schlecht. Selbst das Tanztheater von Daniela Kurz muss um Zuschauer kämpfen. Wir wollten jetzt mal gucken, ob man in Sachen Tanz mehr bewegen kann.

Glauben Sie, dass ein zweieinhalbwöchiges Festival da tatsächlich viel verändert?

Bader: Grundlegend sicher nicht. So ein Festival kann natürlich nur eine Draufsicht liefern und Impulsgeber sein. Die intensive Vorbereitung hat aber so viele Menschen zusammen gebracht und neue Konstellationen geschaffen, dass man schon jetzt von einem Effekt sprechen kann. Da ist schon vor dem Festival ganz viel passiert. Was daraus gemacht wird, wie weiter mit dem Thema umgegangen wird, ist auch eine Frage, die auf kulturpolitischer Ebene behandelt werden muss. Also: Wie man die freie Szene weiter fördert, wie man mit dem Thema Tanz in Schulen, mit Tanz als Teil der kulturellen Bildung umgeht. Meines Erachtens ist der Tanz ein ganz wichtiges gesellschaftspolitisches Thema. Jeder Menschen profitiert enorm von dem Umgang mit Bewegung, mit seinem Körper.

Auch die Tafelhalle will sich in dieser Hinsicht verstärkt engagieren. Im Rahmen des Festivals wurde jetzt erstmals ein Tanzprojekt mit den Hauptschulen in St. Leonhard vorbereitet. Ähnliche Produktionen sollen folgen.

Bader: Wir sind jetzt erstmal gespannt, wie der Testlauf zu Ende geht und müssen dann auswerten, was da alles passiert ist. Der Verlauf eines solchen Projekts ist mindestens so wichtig wie das Ergebnis, die Vorstellung auf der Bühne. Es wäre grundsätzlich falsch, zu sagen, wir gehen in eine Schule, holen junge Leute zusammen und machen mit denen Kunst. Ein solcher Ansatz wäre fatal. Das wäre ein reines Casting, das an dem Grundgedanken komplett vorbei ginge. Die Tafelhalle kann das aber nicht immer wieder allein stemmen. Da sind dann auch die Pädagogen und Schulen gefordert.

Das Festival firmiert ausdrücklich als Mitmach-Festival. Es wurde ein riesiges Angebot auf die Beine gestellt, um die Menschen im Großraum zum Tanz zu verführen. Sind Sie optimistisch, dass eine solche Fülle von Veranstaltungen überhaupt angenommen wird?

Bader: Wir setzen ganz stark auf den Multiplikationseffekt, dass die vielen Menschen, die daran beteiligt sind, wiederum viele andere animieren, mitzumachen. Es sind ja ganz viele Schaufenster entstanden. Die Tanzschulen etwa präsentieren sich während des Festivals auf der Tanzbörse in Fürth oder beim Tanzsupermarkt im Künstlerhaus und bieten Kurse an. Da kann jeder kostenlos mitmachen. Wir setzen einfach auf die Neugierde der Menschen und darauf, dass jeder sein Publikum mitbringt und dann ein Schneeballeffekt entsteht. So etwas professionell zu bewerben, kann nur bedingt funktionieren.

Während des Festivals wird das Künstlerhaus als Nürnberger Tanzzentrale nicht nur betanzt, sondern auch mit Ausstellungen bespielt, das Filmhaus präsentiert eigens eine «tanzrolle«. Ist das Festival damit auch ein erster Testfall für das spartenübergreifend konzipierte KuKuQ?

Bader: Das KuKuQ ist natürlich eine Riesenchance, das räumliche und inhaltliche Potenzial des Künstlerhauses zu verbinden - nicht krampfhaft permanent, sondern für ausgewählte Themen. Im Rahmen des Großraumfestivals kann man jetzt erstmals testen, wie das funktioniert. Geplant war es aber nicht so. Die Entscheidung, das Künstlerhaus während des Festivals zur Tanzzentrale zu machen, ist früher gefallen, das KuKuQ kam später.

Was können Sie Festivalbesuchern besonders empfehlen?

Bader: Ich werde mich auf alle Fälle intensiv in den vier Städten umschauen und möglichst viel reinschnuppern. Die Produktion von Helena Waldmann in der Tafelhalle, «feierabend!«, wird wohl das Kurioseste sein, was man seit langem gesehen hat, weil es eigentlich gar nichts zu sehen gibt, sondern weil man wirklich gemeinsam mit Künstlern ein Fest feiern muss. Ich hoffe, es kommen viele Menschen. Die werden sehr überrascht sein. Die Gastspiele sind in allen Städten wichtig, weil man eben sieht, was außen passiert.

Tanzen Sie eigentlich selbst gern?

Bader: Sehr gerne, ja, auf Festen. Und mein Stil ist sehr frei (lacht).