"Tatort": Warum "Die Kunst des Krieges" brotlos war

4.9.2016, 21:45 Uhr

Eine Sache vorneweg. Eigentlich sind die "Tatort"-Beiträge aus der österreichischen Hauptstadt stets eine unterhaltsame Angelegenheit und somit eine Bereicherung für die altehrwürdige Krimireihe. Vor allem der letzte Fall, in dem die gesamte Castingshow-Szene gekonnt durch den Kakao gezogen wurde, sorgte für Wogen der Begeisterung. Doch "Die Kunst des Krieges" kann leider weder das Niveau von "Sternschnuppe" halten, noch dem vergangenen Sonntag ausgestrahlten schwäbischen Hi-Tech-"Tatort" "HAL" das Wasser reichen.

Die gewohnten Frotzeleien zwischen Oberstleutnant Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und seiner Kollegin Majorin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) sind zwar nach wie vor grandios. Doch sie allein genügen nicht, um den 15. gemeinsamen Fall des Duos ein Prädikat der Marke "Sehenswert" zu attestieren.

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"Die Kunst des Krieges" kommt leider nie so wirklich in die Gänge. Dabei ist das Ausgangsszenario von Regisseur Thomas Roth gut. Er zeichnet ein düsteres, realistisches Bild einer pulsierenden Metropole, die weithin auch als das Tor in den Westen bezeichnet wird. In der Stadt an der Donau tobt für die Gesellschaft kaum sichtbar ein brutaler Bandenkrieg um die Vormachtstellung im Milieu.

Hinter der pittoresken Fassade der Hauptstadt bekämpfen sich Tschetschenen, Türken, Russen und Österreicher bis aufs Blut. Es geht um Drogen, Menschenhandel, Prostitution. Keine neuen Themen. Aber viele Themen, die genug Potenzial böten, daraus eine spannende Geschichte zu spinnen. Roth verfranzt sich jedoch in der Ausarbeitung seiner zahlreichen Ideen. Anstatt sich auf einen oder vielleicht zwei Hauptstränge zu konzentrieren, überlädt er seinen Krimi mit unnötigen Ausflügen ins Private.

Dass Eisners Tochter einen türkischen Freund hat, tut im Grunde nichts zur Sache. Auch der angedachte Running Gag mit dem herrenlosen Hündchen "Percy", das die zwei Ermittler die komplette Folge begleitet, ist schnell ausgelutscht.

Übler Anblick gleich zu Beginn

Wie für einen Wiener "Tatort" üblich, beginnt der Krimi erstmal mit einer übel zugerichteten Leiche. In einer noblen Wohnung am grünen Stadtrand finden die Ermittler die Überreste eines türkischen Geschäftsmanns. Die Kamera lässt keine Fragen offen. Restliche Zweifel an der Art und Weise, wie der Mann zu Tode gekommen ist, schiebt der Gerichtsmediziner beiseite: "Zuerst wurde ihm die Zunge entfernt. Dann haben sie seinen Kopf in der Schublade eingeklemmt, um ihm anschließend mit diesem elektrischen Küchenmesser die Hände abzuschneiden. Erst die eine, dann die andere. Letztendlich ist er in der Lade erstickt. Kehlkopf eingedrückt."

Rasch finden Bibi und Moritz heraus, dass die Wohnung des Opfers als illegales Bordell genutzt wurde. Sein Döner-Laden in der Innenstadt diente lediglich zur Geldwäsche. Investigative Hilfe leistet nun die Kollegin aus dem Dezernat für organisierte Kriminalität. Mit preußischem Charme versorgt Daniela Vopelka (Kristina Springer) das staunende Cop-Duett mit dem nötigen Hintergrundwissen. Dann taucht da noch der frisch aus dem Knast entlassene Zuhälter Mittermeier (Michael Fuith) auf. Ein alter Bekannter von Bibi aus vergangenen Zeiten bei der Sitte. Der tätowierte Unterweltkönig hält sich einen privaten Harem, zieht Koks, bis ihm die Nase blutet und beschäftigt eine asiatische Angestellte fürs Grobe, die angstbesessenen Ukrainerinnen gerne mal die Visage poliert.

So bleibt nach einem mühevollen Showdown, bei der das Blut in Zeitlupe spritzt und die Schurken ihre gerechte Strafe erhalten, nicht viel im Gedächtnis hängen. Höchstens vielleicht noch diese nette Randnotiz, dass sich der Titel "Die Kunst des Krieges" auf ein über 2000 Jahre altes Buch des chinesischen Generals Sunzi bezieht. Zuhälter Mittermeier, ganz Philosoph, zitiert daraus und trägt Schriftzeichen unter der Haut, die auf das Werk hindeuten. Immerhin ein bisschen was gelernt.