"Victoria & Abdul" - ein Historiendrama von Stephen Frears

28.9.2017, 08:40 Uhr

Ein Ausschnitt aus einer Szene mit Judi Dench und Ali Fazal. © Foto: UPI

Das Zauberwort, das im Kinogeschäft Wunder wirkt, heißt: "nach einer wahren Begebenheit". Elf Jahre nach seinem oscarprämierten Film "Die Queen" inszenierte der nun als Spezialist ausgewiesene Regisseur Stephen Frears die letzten Jahre der zähesten Monarchin des Empires vor der jetzigen Queen. Das Drehbuch fußt auf dem "Tatsachenroman" von Shrabani Basu, der sich seinerseits auf die wiederentdeckten Tagebuchaufzeichnungen von Abdul aus Agra stützt.

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Das Englandabenteuer des Gefängnisschreibers Abdul begann 1887, dem Jahr des 50. Thronjubiläums von Queen Victoria, als er von den englischen Kolonialbeamten der Stadt dazu ausersehen wird, der Königin eine wertvolle Münze als Geschenk zu überbringen. Zwei Monate Seereise in ein eiskaltes Land, um mit gesenktem Blick ein Stück Edelmetall zu übergeben, das in der Fülle der Präsente aus allen Teilen des Empires untergehen wird. So prophezeit es der ihn begleitende Kollege, doch Abdul hält sich nicht an das Zeremoniell, sucht Augenkontakt mit der mürrischen Queen, und siehe da, das Fossil erwacht. Die hochdekorierte Schauspiel-Ikone Judi Dench lässt die Augen blitzen und duldet hoheitsvoll gerührt einen echt indischen Zehenkuss. Der Hofstaat ist entsetzt.

Stephen Frears nutzt ausgiebig die Möglichkeiten, die alberner Prunk und nervöse Hofschranzen für komische Einlagen bieten. Die wenig glaubhaft keimende Freundschaft zwischen der verbiesterten Königin, die ihre Einsamkeit über den Häuptern von zwei Milliarden Untertanen bejammert, und dem dienstbeflissenen Inder, der im Handumdrehen zu einer Art Guru befördert wird, bietet trotz mancher Kulissenwechsel in diverse Feriensitze wenig Stoff für dramatische Entwicklung.

Munition für den Hofstaat

Die findet erst wieder statt, als die Queen, in einem letzten Anfall von Machtrausch, die Gattin und Schwiegermutter des verehrten Abdul ins Land bringen lässt, um auf diesem Weg noch einmal Großmutter zu werden. Der Verwandtennachzug erscheint vollverschleiert, und die nicht ganz korrekt informierte Herrscherin erfährt, dass es nicht Hindus, sondern Muslime wie Abdul waren, die die letzte Revolte in Indien angeführt haben. Munition für den Hofstaat und Prinz Bertie, die auf das Ableben der widerborstigen Hoheit hoffen. Von indischer Weisheit und Trost begleitet tut sie ihnen den Gefallen. Abdul muss wieder nach Agra und küsst dort einer Statue von Victoria die Zehen. Eine der weniger dankbaren Altersrollen für Dame Judi Dench. (GB/USA/112 Min.)