Wolfgangsee-Idylle mit Schmackes

25.3.2015, 19:43 Uhr

Vor gut 20 Jahren war das Stück aus den 30er Jahren, ein wenig aufgefrischt, ein Knüller der Berliner Theaterszene. Die „Bar jeder Vernunft“ zeigte „Im weißen Rössl am Wolfgangsee“, unter anderem mit Meret Becker, Otto Sander, Max Raabe und den Geschwistern Pfister. Ovationen, Sensationen. Das passte auch so gut in diese Stadt, die sich vor plötzlich aus dem Süden kommenden Zuzüglern kaum mehr retten konnte, dieses stark ironisch angehauchte Singspiel, das auf den Clash der innerdeutschen Kulturen baut. Die Berliner Wilhelm (Vater) und Ottilie (Tochter) Giesecke, Dr. Otto Siedler und Sigismund Sülzheimer treffen auf die österreichische Wirtin Josepha Vogelhuber und ihren schwerst in sie verknallten Kellner Leopold, garniert vom sparsamen Schwaben Prof. Dr. Hinzelmann mit Tochter Klärchen.

Klischees satt

Jetzt kann man am Theater Ingolstadt diese Wiederentdeckung wiederentdecken. In einer fulminanten, vom Publikum gefeierten Aufführung des „Weißen Rössls“ in der Version der „Bar jeder Vernunft“ feiert das Zueinander der Herzen, das landsmannschaftliche Grenzen überwindet, fröhliche Urständ. Inmitten einer Szenerie aus riesigen, kitschigen, leuchtenden Ansichtskarten (Bühne: Stephan Dietrich) entspinnt sich unter der präzisen Regie von Folke Braband ein wundervoll-witziger musikalischer Abend, der mit allen möglichen Klischees aufräumt, indem er sich ihrer bedient.

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Erstaunlich, was das Ingolstädter Ensemble alles drauf hat. Es wird gesungen (musikalische Leitung: Tobias Hofmann), getanzt (Choreografie: Dominik Büttner), gespielt – und dies alles mit schwungvoller Leichtigkeit. Unterstützt von einem kleinen Orchester, einem Statistenchor sowie Antje Rietz als Rössl-Wirtin und Büttner als Piccolo, walzert das Sprechtheater-Haus mal wieder ins Reich des Musicals, konsequent im 30er-Jahre-Stil, wobei auch das als ironische Haltung durchgeht. Ebenso, wie Choreografien alles Altbekannte durch kokette Überdeutlichkeit wieder süß und schnucklig machen.

Bis in die kleinen Rollen ist „Das weiße Rössl“ fein ziseliert. Wunderbar beispielsweise Sascha Römisch als österreichisch-ungarischer Kaiser voll Melancholie. Jan Gebauer ist ein sympathisch knurriger Geschäftsmann Giesecke, Antje Rietz eine fesche, stimmgewaltige Wirtin, Richard Putzinger ein höchst eleganter Leopold. Es geht – natürlich – erstrangig um Liebe, Siedler (Peter Reisser) bekommt Ottilie (Stefanie von Poser), der schöne Sigismund (Stefan Leonhardsberger) das Klärchen (Denise Matthey). Und geschäftliche Zwiste lösen sich vor lauter Liebe in Wohlgefallen auf. Willkommen in der Unwirklichkeit.

Aufführungen: heute, 30. März, 1., 4., 11., 12., 17., 25., 26. April. Kartentelefon: 08 41/30 54 72 00