Margarete Bause zu Besuch in Asylunterkunft

9.10.2015, 08:29 Uhr

Margarete Bause (links) und Verena Osgyan (vorne rechts neben ihr) unterhielten sich intensiv mit den Sicherheitsleuten in der Laufer Notunterkunft. © Michael Scholz

Das Fazit der rotlockigen Landespolitikerin nach dem anderthalbstündigen Rundgang war vielleicht auch ein wenig der Solidarität mit dem „grünen“ Bürgermeister geschuldet: „Wenn es vor Ort einen politischen Konsens gibt und genug Ehrenamtliche mitwirken, dann klappt es auch“, sagte Bause in der Runde mit Gastgeberin Lydia Hufmann-Bisping, die als Grünen-Kreisrätin und für den ehrenamtlichen Helferkreis auftrat. Lauf sei da ein hervorragendes Beispiel.

Durch die Eindrücke, die sie in den Gesprächen mit Hausmeister, Ehrenamtlichen, Politikern und Sicherheitsleuten gewann, konnte sie sich in ihrer Grundhaltung bestätigt sehen: Die hauptamtliche Betreuung könnte deutlich besser sein, die von der CSU „gewollt abschreckende“ Bürokratie belastet vor allem Personal und Ehrenamtliche vor Ort und die leisten Großartiges.

Auf ein Thema kommt Hufmann-Bisping beim Rundgang immer wieder: dass im Nürnberger Land momentan auf gut 1400 Asylbewerber nur fünf Sozialberater kommen, weil Geld und geeignet qualifizierte Bewerber fehlen. Das entspricht einem Betreuungsschlüssel von 1:230; in Bayern gilt aber eigentlich 1:150.

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Die 56-jährige Landespolitikerin hört aufmerksam zu. Auch als ein Sicherheitsmann berichtet: „Die Bewohner fragen jeden Tag nach Betreuern.“ Zum Beispiel wegen der Rückreise nach der Ablehnung oder der Familienzusammenführung nach der Anerkennung. Bisher habe es noch kein Sozialberater in die Notunterkunft am Galgenbühl geschafft. Was bei diesem Schlüssel aber auch kein Wunder sei.

Mehr als nur Wachpersonal

In dem längeren Gespräch innerhalb der Absperrung am Altbau des früheren Altenheims überrascht eines am meisten: Sicherheitsleute im Asylheim sind in diesen Zeiten weit mehr als professionelle Ordnungshüter. Auch Bause war das neu: Die vom Landratsamt engagierten Sheriffs bewachen „klassisch“, organisieren und betreuen aber auch. Sie quartieren zum Beispiel strategisch ein, um Kriegsgegner auseinander zu halten. Aber man müsse schon auch „menschlich sein“, sagen sie, wenn es darum geht, Seife, Handtücher und auch Essen vom Caterer zu verteilen, Asylbewerber mit Englischkenntnissen als Arabisch-Dolmetscher einzuspannen und bei Bedarf den Arzt zu rufen. Die überdeutliche Botschaft ist: Es gibt niemanden sonst, der diese Jobs übernimmt. Eine Bremse sei eine unnötig überbordende Bürokratie, die aufhält und viel Nerven koste. Stehen bleibt der Satz: „Die Verantwortlichen wissen zu wenig, wie es vor Ort zugeht.“

Grenzwertige Belegung

Die Sicherheitsleute sind auch Hausmeister, schauen in der Notunterkunft „nach Schäden“, weniger wegen randalierender Bewohner, sondern mehr, weil die Notunterkunft immer wieder an ihre Kapazitätsgrenze komme. Mit 200 Plätzen ist das Quartier ausgewiesen und „es waren schon mal 170“. Diese Zahlen seien für dieses Gebäude einfach grenzwertig.

Derzeit sind 79 Syrer, Iraker, Aserbaidschaner, Ukrainer und Äthiopier da. Die Kinder spielen im Hof, fahren vergnügt mit Bobbycars eine kleine Rampe herunter, während ein Sicherheitsmann von „90 Transfers in den letzen zwei Monaten“ erzählt, 54 im September und schon 36 im Oktober. Der enorme Flüchtlingsandrang macht sich auch hier stark bemerkbar.

Es ist eine völlig andere Situation als im benachbarten Neubau des früheren Altenheims. Dort, in der Erstaufnahmeeinrichtung des Bezirks, ist Platz für 110 Menschen, 89 sind da. Und wollen auch möglichst nicht mehr weg, wie Hausmeister Helmut Buchberger sagt. Klar, es ist komfortabel, der Park drumrum, die Zimmer ausgestattet mit WC und Dusche. Das fällt Bause sofort auf: „Anderswo prügeln sich Asylbewerber um Dixie-Klos“, merkt sie an.

Im März aber endet die Vereinbarung des Landratsamtes mit dem Eigentümer. Bause schaut Hufmann-Bisping und Stadträtin Erika Vogel an: „Das Geld aus dem Verkauf des früheren Altenheims finanzierte das neue Hermann-Keßler-Stift mit“, erklären sie. „Gibt es Ersatz für Flüchtlinge?“, fragt Bause. Hufmann-Bisping: „Das ist eine Marktfrage. Das macht der Landkreis.“ Lauf jedenfalls hätte ohne den Verkauf eine satte Haushaltslücke gehabt.

In der Erstaufnahme-Einrichtung sind auch Menschen vom Westbalkan, die, wie zu hören ist, bis zu acht Jahre in Deutschland sind, und auf das Ergebnis des fast aussichtslosen Asylprüfverfahrens warten. In Lauf bleiben sie längstens sechs bis sieben Monate“, weiß der Hausmeister. In letzter Zeit gehe es aber relativ flott.

Für ein Einwanderungsgesetz

„Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz“, sagt Bause am Ende. Für Menschen vom Westbalkan sei Asyl eindeutig nicht der richtige Weg. Aber momentan gebe es auch keinen anderen, boykottiert von CDU/CSU. Als Beispiel nennen die Grünen eine Gesundheitskarte für Asylbewerber. Die CSU ist gegen dieses Symbol, das aus ihrer Sicht noch mehr Menschen nach Deutschland ziehe. „Das ist reine Schikane“, setzt Bause dagegen.

Mit ihr bekämen die Menschen ja keine andere Leistung als jetzt auch, aber vieles wäre leichter. Die Helfer vor Ort hätten damit weniger frustrierenden Papierkram zu erledigen. Schließlich gehe es doch darum, „Kräfte zu bündeln“ und dann „schaffen wir es auch“, sagt die Grünen-Politikerin, damit freimütig die CDU-Kanzlerin zitierend.