Neuhauser Bürger kritisieren Asylpolitik der Regierung
26.3.2015, 17:39 UhrDarauf sind alle stolz. Doch die fleißigen Ehrenamtlichen fühlen sich bei ihrer Hilfe besonders von Seiten der Regierung allein gelassen.Allein gelassen von der Regierung fühlen sich auch die Asylbewerber, wenn sie von Zirndorf nach Neuhaus gebracht werden. Norbert Ploss von der Asyl- und Flüchtlingsberatung der Diakonie/Caritas Nürnberger Land ist wohl bei ihrer Ankunft vor Ort, aber eine Einweisung in die neuen Gegebenheiten in den unterschiedlichsten Sprachen der Herkunftsländer kann er nicht leisten.
Renate Lendl beklagt hier das Fehlen einer Broschüre mit ersten wichtigen Informationen, die man in den verschiedenen Sprachen herausgeben könnte. Ohne ehrenamtliche Helfer vor Ort würden sich die Asylbewerber nicht zurechtfinden. Diese zeigen, wo man im Ort einkauft, wo der Arzt ist oder wo es warme Kleidung gibt. Um solche Helfer aber kümmert sich die Regierung nicht, Unterstützung – egal in welcher Form – Fehlanzeige. Irgendjemand in Neuhaus wird schon den nötigen Beistand leisten.
Die Folgen fehlender koordinierter Hilfe vor Ort schildert Renate Lendl am Fall einer Syrerin, die im September vergangenen Jahres nach Neuhaus kam. In diesen Tagen erhielt sie die Anerkennung als Flüchtling und muss nun die Sammelunterkunft verlassen. Die Frau spricht kein Wort Deutsch, weil es keine entsprechenden Kurse gab. Den Inhalt der vielen behördlichen Schreiben, die jetzt über sie hereinbrechen, versteht sie nicht. Die völlig verunsicherte Frau schaut in eine für sie ungewisse Zukunft. Auch weil ihr so gut wie keine Möglichkeit für eine Integration geboten wurde, tut sie sich schwer, in Neuhaus eine neue Bleibe zu finden.
Ehrenamtlicher Deutschunterricht
Wenn diese Menschen, erklärt Lendl, keine sinnvolle Beschäftigung, keinen Kontakt zu den einheimischen Bürgern und große Ungewissheit wegen ihrer Anerkennung als Flüchtling haben, dann geht das an die Nerven mit der Folge eines möglichen Lagerkollers. Aber hier, da ist sich die Leiterin des Neuhauser Helferkreises sicher, habe die zehn Mann starke Truppe in den letzten Wochen schon ganze Arbeit geleistet.
Fünf Helfer geben ehrenamtlich Deutschunterricht, wobei die Neuankömmlinge in einem Alphabetisierungskurs zunächst mit den Buchstaben der deutschen Sprache vertraut gemacht werden. Und die verbleibenden fünf Helfer sind für die Herzensangelegenheit von Lendl, der Integrationsarbeit und der Pflege zwischenmenschlicher Kontakte natürlich viel zu wenig.
Dennoch, die wenigen Helfer haben in den vergangenen Wochen sehr viel getan. Sie begleiteten die Postheimbewohner beim Einkauf, besuchten mit ihnen Faschingsveranstaltungen, organisierten für sie eine schöne Tauffeier oder ermöglichten die Eingliederung von Jugendlichen in den Sportverein. Der persönliche Kontakt mit diesen Menschen lockert trotz Sprachschwierigkeiten die angespannte Atmosphäre auf und zeigt, dass sich hier in Neuhaus jemand um sie kümmert.
Helfer wollen Aktivitäten ausdehnen
Eine entsprechende Rückmeldung liefert der Asylbeauftragte Norbert Ploss. Ihm sei aufgefallen, dass bei seinen Gesprächen im Postheim mehr Zuversicht zu spüren sei und auch mehr gelacht werde, seit die ehrenamtlichen Betreuer regelmäßig in die Unterkunft kommen. Neben der menschlichen Betreuung kümmerten sich die Helfer auch um materielle Hilfe. Im Gemeinschaftsraum stehen jetzt Möbel und für die Aufbewahrung sowie Ausgabe von Bekleidung konnte in der Schule eine Kleiderkammer eingerichtet werden.
Die Neuhauser Helfer planen ihre Aktivitäten auch auf die Unterkunft in der Burgstraße auszudehnen. Man brauche dafür aber mehr Ehrenamtliche, die bereit sind, auf die Asylbewerber zuzugehen. Das sei alles gar nicht so schwer, so Lendl, man müsse sich nur trauen. Ist der Kontakt einmal hergestellt, dann treffe man auf durchweg dankbare Menschen. Alle Helfer sind sich einig: Der Aufwand ist nicht groß, aber es käme sehr viel zurück.
"Neuhaus hilft" heißt die Facebook- Seite, die Sandra Melchior für die Veröffentlichung der guten Taten und der Hilfsaufrufe des Helferkreises gegründet hat. Auf dieser oft angeklickten Seite werden alle laufenden Aktionen gepostet.
Wer ebenfalls helfen möchte, kann sich bei einem der Treffen der Helfergruppe informieren. Diese finden monatlich an jedem zweiten Montag – nächster Termin ist der 13. April um 19 Uhr – in der "Alten Mühle" statt.