Wenn der Storch ein Hallodri ist

10.9.2014, 19:04 Uhr

Der Tisch in den Schwarzachauen ist an sich gut gedeckt mit Reptilien, Fischen und kleinen Säugetieren. Doch seit Jahren nistet in dem Städtchen mit den beiden markanten Tortürmen regelmäßig nur noch ein Paar, weil der männliche Storch auf der Schreinerei Klebl keine Konkurrenz duldet.

Die beiden anderen Nester waren heuer wieder verwaist. Sie sind auch nicht mehr besonders einladend gewesen. Das soll sich ändern. Gestern wurde vom Bauhof unter Regie von Reinhard Haubner unter Mithilfe der Drehleiter der Feuerwehr auf den Nordturm eine neuer Korb montiert, der in Lichtenfels nach Maß (1,40 mal 0,20 Meter) aus Weiden geflochten worden ist. In Auftrag gegeben hat ihn der engagierte Vogelschützer Georg Wittmann aus Trautmannshofen.

„Die Rechnung an mich, Lieferung an Sieglinde Ortlepp, Allersberger Straße 6 in Freystadt“, habe er auf die Bestellung geschrieben. „Sieglinde Ortlepp gilt als eine Art Storchenmutter“, sagt der Vorsitzende der Ortsgruppe des Landesbunds für Vogelschutz (LBV), Josef Brandl.

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Brandl hofft nun, dass im nächsten Jahr wieder ein Storchenpaar diesen markanten Punkt am Eingang zur Altstadt als Sommerwohnsitz akzeptiert, und dass es vom Rabauken in der Nachbarschaft in Ruhe gelassen wird.

Der Hallodri auf der Schreinerei Klebl gebärdet sich nämlich als Platzhirsch. Heuer hat er ein Storchenpärchen, das der Beringung nach von Höchstadt im Aischgrund nach Freystadt umziehen wollte, vertrieben. Vom dann leeren Horst hat er alles für den eigenen Nestbau geklaut, was nicht niet- und nagelfest war, hat Sieglinde Ortlepp beobachtet.

Der Klebl-Storch hält sich auch sonst nicht an störchische Konventionen. Üblicherweise bleiben Paare ein Leben lang zusammen. Doch dieser Weiberheld hat, seit er die Sommerfrische in Freystadt verbringt, stets eine andere Partnerin mitgebracht. Der eigentliche Zweck seiner Raubeinigkeit, seine Gene an künftige Storchengenerationen weiter zu geben, hat sich jedoch noch nicht erfüllt. Auch heuer wieder starben alle drei Küken vermutlich an Nässe und an Unterkühlung.

380 Jungvögel gezählt

Allgemein werde die Zukunft der Störche in Bayern aber recht optimistisch beurteilt, sagt Josef Brandl. Dieses Jahr seien 380 Jungvögel durchgekommen.

Die bevorzugten Gebiete der großen Vögel, die den Winter in Afrika verbringen, sind im Freistaat der Aischgrund, die Täler der Flüsse, die von Süden in den Oberlauf der Donau münden, und in der Oberpfalz die Teichlandschaften im Norden und Osten.

Im Landkreis Neumarkt siedelte 2014 nur das Paar in Freystadt. Im aktuellen Storchatlas wird zwar ein weiteres in Berching angeführt, doch der Horst blieb heuer unbesetzt.

Georg Wittmann kümmert sich auch um den in Deutschland viel selteneren und scheuen Schwarzstorch, der in ausgedehnten Wäldern zuhause ist. Als er vor einigen Jahren mit dem heimatlichen Obst- und Gartenbauverein einen Ausflug nach Oberfranken unternahm und die einzige Korbflechterschule in der Republik, in Lichtenfels, besuchte, gab er spontan Bestellungen für Nistkörbe auf. Zwei davon waren für den Schwarzstorch gedacht. Baumsteiger brachten sie im Auftrag des Staatsforst in Bäumen im Grafenbucher Forst und bei Breitenbrunn in luftige Höhe.