Wunder-Pianist im Reitstadel

16.2.2018, 09:22 Uhr

Im Reitstadel war beim "Sonderkonzert" der "Konzertfreunde" jedenfalls die Spannung mit Händen zu greifen – fünf vor Acht war der Pianist immer noch nicht im Reitstadel.

Vielleicht deswegen dann auch einige Unkonzentriertheiten auf und vor dem Podium, die bald überwunden waren: mit einem Variationenprogramm, das Trifonov aus Albumblättern vom katalanischen Musikreisenden zwischen Paris und Barcelona, Frédéric Mompou, von Edvard Grieg bis zur Grazie eines Peter Tschaikowsky gesammelt hatte: unter dem Titel "evocations", das man (auch) mit "Geisterbeschwörungen" übersetzen kann. Die reichten bis zu Sergej Rachmaninovs Variationen über Chopins op. 22 und sagte viel über die fortgesetzte Faszination, die Chopin aussendet.

Und über Trifonovs Gestaltungskraft in dieser Folge spannender Erzählungen aus einer verlorenen, vergangenen Zeit, über sein raffiniertes Rubato, die unendlichen manuellen Fähigkeiten, den grandiosen Künstlerernst und die authentischen Farben. Auch solche triumphalen Mussorgsky-artigen Töne gehören dazu als stünde Trifonov vor dem Großen Tor von Kiew. Das Publikum folgte ihm spürbar mehr und mehr in die Mozart/Chopin-Zugabe lange vor Konzertschluss, in den Trauermarsch von op. 35 in Beethovenscher Grandeur und bis in nochmalige Zugaben hinein, die immer wieder Chopin in selten so erlebter Authentizität beschworen.

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UWE MITSCHING