Längste Infektion in der Türkei

78 PCR-Tests: Mann wird seit 14 Monaten positiv auf Corona getestet

16.2.2022, 10:35 Uhr

Seit über 400 Tagen wird ein Mann in der Türkei positiv auf das Coronavirus getestet. (Symbolbild) © Matthias Bein/dpa

14 Monate, mehr als 400 Tage in Quarantäne oder 78 positive PCR-Tests: In der Türkei kämpft Muzaffer Kayasan mit einer dauerhaften Corona-Infektion - er wird ununterbrochen positiv getestet. Der 56-jährige Leukämie-Patient habe die bislang längste bekannte Covid-Infektion des Landes, sagen Ärzte.

"Diese ganzen Lasten und Maßnahmen muss ich aufgrund meines gesundheitlichen Zustandes über mich ergehen lassen. Nach meiner Knochenmarktransplantation ging es mir hervorragend: Ich konnte den Rasen mähen und mich der Gartenarbeit widmen. Ende 2020 wurde ich dann aufgrund von Atemnot, Übelkeit und Appetitlosigkeit auf Corona getestet – mein Ergebnis war positiv und ich wurde wieder ins Krankenhaus eingeliefert", so der 56-Jährige gegenüber der türkischen Zeitung Milliyet.

Kayasan dachte, er müsse sterben, als er das erste Mal mit Corona infiziert war, wie er der Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Doch mehr als ein Jahr später lebt der Mann immer noch - und kämpft gleichzeitig gegen Covid19 und seine Krebserkrankung.

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Sein ungewöhnlicher Verlauf lässt Ärzte spekulieren, viele nennen sein geschwächtes Immunsystem als die Ursache für seine zahlreichen Infektionen. Doch die Hoffnung verliert der 56-Jährige nicht: Auch wenn Kayasan seit November 2020 immer wieder im Krankenhaus behandelt wurde, ist er dem Bericht zufolge immer noch guter Dinge. "Ich schätze, das ist die weibliche Version von Covid – sie ist von mir besessen", scherzte er vergangene Woche, als auch sein 78. PCR-Test positiv angeschlagen hatte.

Sein Sohn, Gökhan Kayasan, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, sein Vater sei immer ein "positiver" Mensch gewesen – aber nicht auf diese Weise. "Wir haben ihm immer wieder gesagt, wie positiv er ist, und jetzt ist er positiv (wegen Corona) und kann nicht mehr zum Negativen zurückkehren. Er sagt, er sei an der roten Ampel hängengeblieben und könne nicht drüberfahren."

"Ich kann meine Tochter, meinen Sohn und meine Enkel nicht sehen. Ich habe Angst, dass ihnen etwas zustößt, wenn wir direkten Kontakt haben. Ich bin psychisch am Ende – der Gedanke, ob ich vielleicht schon heute sterben werde, begleitet mich täglich", erzählt der dreifache Familienvater.

Über 400 Tage positiv auf Corona getestet

Über neun Monate lang musste Muzaffer Kayasan im Krankenhaus verbringen, außerdem fünf größtenteils alleine, abgeschottet in seiner Wohnung. Auch seinen Geschmacks- und Geruchssinn hat er inzwischen verloren. Die Ärztin des 56-Jährigen, Serap Simsek Yavuz, Professorin für Infektionskrankheiten und klinische Mikrobiologie an der Universität Istanbul, erklärte dies sei die längste Infektion, die man bisher verfolgt habe, sie werde genauestens auf das Risiko einer mutierten Variante überwacht. "Dieser Patient wird schon seit einem sehr langen Zeitraum ständig positiv getestet. Es gibt einige Annahmen, mit denen das Testergebnis begründet wird. Unter anderem könnte es sein, dass in bestimmten Bereichen des Körpers Viruspartikel feststecken, die auch vom Immunsystem nicht auffindbar sind. Oder aber auch, dass sich in bestimmten Zellen Viruspartikel einnisten. Es sind jedoch nur Hypothesen, zu denen geforscht wird", so die Ärztin.

"Mein Immunsystem ist sehr geschwächt. Ärzte sagen, dass ich mit einer hohen Wahrscheinlichkeit nicht ansteckend bin. Einzelne Partikel des Coronavirus seien in meinem Körper nachweisbar - ich werde zwar positiv getestet, aber ich habe kein Corona", teilt Muzaffer Kayasan seinen Frust mit.

Impfung kommt derzeit nicht in Frage

Weil all seine Tests positiv anschlagen, kommt Kayasan für eine Impfung nicht infrage. Nach den Richtlinien der Türkei müssen infizierte Patienten bis zu ihrer vollständigen Genesung warten, bevor sie eine Impfung erhalten können. Kayasan hat bereits an die Behörden appelliert, zumindest für ihn eine Ausnahme zu machen.

Allerdings zeigen Daten der Leukämie-Gesellschaft Leukemia & Lymphoma Society, dass ein Viertel der Leukämie-Erkrankten selbst nach zwei Impfdosen keine nachweislichen Antikörper produziert. Daher sei fraglich, ob der 56-Jährige nach einer Impfung überhaupt Antikörper aufbauen würde.