Betäubt, vergiftet und erstochen

13.2.2012, 16:12 Uhr

Sie kam mit schwarzer Wollmütze, versuchte, ihre verheulten Augen hinter einer Sonnenbrille zu verstecken: Vor dem Bochumer Schwurgericht muss sich eine Arztgattin wegen Mordes verantworten. Die heute 32-Jährige soll im September 2011 ihren heimlichen Liebhaber betäubt, vergiftet und erstochen haben. Das angebliche Motiv: Niemand sollte erfahren, dass der 36-jährige Banker der Vater ihres kurz zuvor geborenen Sohnes war. Bei der Polizei hatte sie nach ihrer Festnahme gesagt: «Ich habe zugestochen, mehrfach. Ich habe alles kaputt gemacht. Ich weiß nicht, was ich gedacht habe. Ich war in dem Moment nur so wütend.»

Die verhängnisvolle Affäre hatte Ende 2009 begonnen. Die Angeklagte arbeitete in der Bochumer Arztpraxis ihres Mannes. Der Banker war ein Patient. «Ich glaube, er war schwer in mich verliebt und hoffte, dass ich zu ihm kommen würde», hatte die Angeklagte bei der Polizei erklärt. Sie habe ihren Ehemann aber nie verlassen wollen. Ihr sei schnell klar gewesen, dass sie die Gefühle für den Liebhaber nicht aufrechterhalten könne.

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Im Dezember 2010 wurde die Frau dann schwanger. Ehemann oder Geliebter: Wer war der Vater? «Es konnten beide in Betracht kommen», hatte die Angeklagte gesagt. Ihr Liebhaber habe auf einen Vaterschaftstest bestanden und gedroht, die Affäre auffliegen zu lassen. «Das war für mich eine Bedrohung - eine Bedrohung für meine Familie.»

«Das ist für uns eine harte Sache»

Es war nach acht Uhr abends, als die Frau Anfang September in der Wohnung ihres Liebhabers auftauchte. Laut Anklage hatte sie Kakao mit Amaretto dabei, in den sie schwere Beruhigungsmittel geträufelt hatte. Nachdem sie dem 36-Jährigen das Getränk angeboten hatte, spritzte sie ihm in den Arm Morphium, das sie aus der Praxis ihres Mannes gestohlen hatte. «Ich wollte ihn ruhigstellen», hatte die 32-Jährige bei ihrer Vernehmung gesagt. Sie habe einfach nur Zeit gewinnen wollen. «Ich wollte, dass er das Wochenende verschläft.» Warum sie zum Messer gegriffen habe, könne sie sich nicht erklären.

Zum Prozessauftakt fanden knapp 80 Zuschauer Platz im Gericht. Auch die Eltern und der Bruder des Opfers waren erschienen - im Beistand einer Seelsorgerin. «Das ist für uns eine harte Sache», sagte der Vater am Rande des Prozesses. Seine Frau kämpfte mit den Tränen. Auch die Angeklagte, die Mütze und Brille aufbehalten durfte, wischte sich immer wieder die Tränen hinter der Brille weg. Zu den Vorwürfen sagte sie nichts. Ihr Verteidiger sagte: «Sie kann und wird nicht mehr erklären als das, was bei der Polizei gesagt wurde.»

Die Leiche des Bankers war einen Tag nach der Bluttat gefunden worden. Da es in der Wohnung gebrannt hatte, waren die Ermittler zunächst von einem tragischen Unglück ausgegangen - erst bei der Obduktion der zum Teil brandverzehrten Leiche wurden die 14 bis zu 16 Zentimeter tiefen Stiche entdeckt. Zweimal hatte die Klinge eines Käsemessers direkt ins Herz getroffen. Zum Zeitpunkt der Bluttat soll der 36-Jährige bereits bewusstlos gewesen sein. Die Angeklagte behauptete, mit dem Feuer in der Wohnung nichts zu tun zu haben.

Die Arztgattin war am Tag nach der Tat festgenommen worden. Ihr inzwischen knapp sechs Monate altes Kind befindet sich nach Angaben der beteiligten Anwälte in der Obhut ihres Ehemannes. Der Angeklagten droht lebenslange Haft.