Doppelmoral?

Bier statt Joint: Markus Söder sorgt mit Volksfest-Tweet für Empörung

7.3.2023, 10:48 Uhr

Bier, Brezen und Bayerns Ministerpräsident © IMAGO/Frank Hoermann / SVEN SIMON

Ganz in bayrischer Tradition zeigt sich Ministerpräsident Markus Söder gerne mit einer Maß Bier in der Hand. Am Donnerstag ließ er sich zum Start in die Burgauer Starkbier-Saison blicken und die Twitter-Gemeinde daran teilhaben. In seinem Post lobt Söder die "tolle Fastenpredigt, großartige Musik und super Stimmung". Dazu Fotos mit Söder, wie er der Kamera zuprostet.

Werbung
Werbung

Beim Gedanken an Söders Anti-Haltung zu Cannabis - und Drogen im Allgemeinen - sorgen diese Bilder für Verwirrung bei den Twitter-Usern. Unter dem Tweet kritisieren sie, der Ministerpräsident lebe die Doppelmoral. Denn einerseits spricht er sich gegen die Cannabis-Legalisierung aus, andererseits lasse er kein Maß Bier aus. Mehrmals posten User ein Foto des mit einem Maßkrug zuprostenden Söders mit der ironischen Aufschrift "Wir sagen Nein zu Drogen".

Gesundheitliche Risiken

Ein User verweist Söder auf das Gesundheitsministerium und hängt einen Screenshot von deren Website an, die 280.000 Alkoholabhängige in Bayern zählt. Viele Menschen kommen in den Kommentaren auch auf die zahlreichen Toten, die auf Alkoholmissbrauch zurückzuführen sind, zu sprechen. Laut des Bundesgesundheitsministeriums sterben jedes Jahr etwa 74.000 Menschen an den Folgen ihres Alkoholkonsums. Dieser verursache neben Krebs, Organschädigungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auch zahlreiche Unfälle.

Cannabis ist laut Oliver Pogarell von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität in München auch mit Vorsicht zu genießen. Das erklärt der Experte laut der Süddeutschen Zeitung bei einer Pressekonferenz im Gesundheitsministerium am Mittwoch. Nebenwirkungen wie Angst- und depressive Zustände seien möglich. Außerdem könne die Droge das Risiko für Schizophrenie erhöhen.

Todesfälle seien einer Dokumentation des Deutschen Bundestags zu gesundheitlichen Gefahren von Cannabis und anderen Drogen zufolge jedoch äußerst selten. In den Jahren 2019 und 2020 habe sie keine Todesfälle durch pflanzliches Cannabis und vier Todesfälle aufgrund von synthetischen Cannabinoiden erfasst.

Holetscheks Gutachten

Ein weiteres Kommentar unter Söders Post lobt ironisch die "charmante und ehrliche Drogenpolitik" und erwähnt den bayrischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek. Dieser argumentierte am Mittwoch bei einer Pressekonferenz im Gesundheitsministerium, neben der Expertenmeinung von Oliver Pogarell, mit einem Gutachten, das sich gegen eine Cannabis-Legalisierung ausspricht und der deutschen Presse-Agentur vorliegt. Der Rechtswissenschaflter Bernhard Wegener von der FAU Erlangen erläutert darin, eine Cannabis-Legalisierung widerspreche dem Übereinkommen der UN zur Drogenbekämpfung. Ferner untersage bereits das EU-Recht den staatlichen Handel, Anbau und Verkauf von Cannabis zum privaten Genuss.

Eine Untersuchung der Strafrechtlerin und Kriminologin Masha Fedorova und ihrem Kollegen Piet Hein van Kempenaus von der Universität Nimwegen in den Niederlanden kommt jedoch zu einem anderen Schluss. Sie wird demnächst veröffentlicht, liegt aber bereits der Deutschen Presse-Agentur vor. Demnach stehe einer Cannabis-Legalisierung nichts im Wege, solange ihre positive Wirkung auf "die individuelle und öffentliche Gesundheit, die Sicherheit der Öffentlichkeit" und "die Verhinderung von Gewaltverbrechen" begründbar sei.