Tragischer Vorfall

Polizei in den USA schießt Elfjährigem in die Brust - nachdem er selbst den Notruf abgesetzt hat

26.5.2023, 12:12 Uhr

Der Schuss auf den Elfjährigen ist laut "Washington Post" ein weiteres Beispiel aus jüngster Zeit, bei dem die Polizei auf Notrufe reagierte und dann ohne Grund oder an der falschen Adresse das Feuer eröffnete. (Symbolbild) © IMAGO/Kyle Mazza

Dass Polizeigewalt in den USA ein strukturelles Problem darstellt, ist weit über die Grenzen des amerikanischen Kontinents hinaus bekannt. Immer wieder hallt das Echo von Gräueltaten, meist begangen von weißen Polizisten gegen Afroamerikaner, über den großen Teich auch bis nach Deutschland. Nun hat ein Polizist einen Elfjährigen aus Mississippi schwer verwundet.

Wie die "Washington Post" berichtet, kam es am Samstag zu einem heftigen, häuslichen Streit, in dessen Folge Nakala Murry ihrem Sohn Aderrien ein Handy gab und ihm auftrug, die Polizei zu alarmieren. Als die Beamten eintrafen, rief Aderriens Mutter ihnen zu, dass niemand bewaffnet sei, worauf ein Officer antwortete, dass jeder im Haus mit erhobenen Händen herauskommen solle. Der Polizist hatte seine Dienstpistole bereits gezogen. Obwohl der Elfjährige den Anweisungen Folge leistete, und unbewaffnet und mit erhobenen Händen heraustrat, eröffnete der Mann augenblicklich das Feuer und schoss dem Jungen in die Brust.

Aderrien Murry sackte zusammen. "Seine Worte waren: 'Warum hat er auf mich geschossen? Was habe ich getan?' und er fing an zu weinen", berichtete seine Mutter während einer Pressekonferenz. Sie beschrieb zudem, wie sie die Wunde ihres Sohnes mit ihrer Hand abdeckte und Druck ausübte, um die Blutung zu stoppen. Der Beamte habe ihr dabei geholfen, bis die Sanitäter eintrafen.

Werbung
Werbung

Kollabierte Lunge und Leberriss

Die Rettungskräfte brachten Aderrien in das University of Mississippi Medical Centre. Dort erhielt er eine Thoraxdrainage und wurde an ein Beatmungsgerät angeschlossen. Seine Lunge war infolge der Schussverletzung kollabiert, er hatte mehrere gebrochene Rippen und einen Leberriss.

Inzwischen konnte Aderrien das Krankenhaus wieder verlassen. Der Junge ist traumatisiert und wird laut Anwalt der Familie eine psychologische Therapie benötigen.

Die Familie fordert nun Konsequenzen. "Es gibt keine Entschuldigung für das, was der Beamte getan hat.", sagte Moore der "Washington Post" und präzisierte am Donnerstag gegenüber "CNN": Es sei "unmöglich", dass der Junge von dem Beamten mit einem Erwachsenen verwechselt hätte werden können, inhaltlich ging es in dem abgesetzten Notruf um den Vater der Familie; einen Mann, der "über 1,80 Meter groß" war.

Immer wieder ähnliche Vorfälle

Eine Sprecherin des Mississippi Bureau of Investigation teilte gegenüber der "Washington Post" mit, dass die Behörde den Fall nicht kommentiere, dass sie ihre Ergebnisse jedoch mit dem Büro des Generalstaatsanwalts von Mississippi teilen werde, sobald die Untersuchung abgeschlossen sei.

Der Schuss auf den Elfjährigen ist laut "Post" ein weiteres Beispiel aus jüngster Zeit, bei dem die Polizei auf Notrufe reagiert und dann ohne Grund oder an der falschen Adresse das Feuer eröffnet. Demnach wurden in den letzten zwölf Monaten in den Vereinigten Staaten 1.079 Menschen von der Polizei erschossen, alleine dieses Jahr bereits 407. Zwar sei die Hälfte davon weiß, schwarze Amerikaner bilden mit nur 14 Prozent Gesamtanteil an der Bevölkerung allerdings eine Minderheit und werden statistisch somit mehr als doppelt so häufig Opfer als Weiße.