Terrorverdacht in London: Auto durchbricht Absperrung

14.8.2018, 11:49 Uhr

"Gehen Sie weg, gehen Sie doch endlich! Das ist besser für Sie, glauben Sie mir!" Eindringlich redet ein Polizist auf ein italienisches Touristenpaar ein, das am Dienstagmorgen unbedingt das Parlament in London besuchen will. Doch den Westminster Palace sehen sie nur aus der Ferne – alles ist abgesperrt. Kurz zuvor ist ein Mann mit einem Auto vor dem Parlament in eine Sicherheitsabsperrung gefahren und hat zwei Fußgänger verletzt. Terrorspezialisten von Scotland Yard leiten die Ermittlungen. Am Mittag heißt es aus London, man ermittle wegen Terrorverdachts.

Hubschrauber kreisen ununterbrochen über Westminster, schwer bewaffnete Polizisten sichern das Gebiet, und immer mehr Straßen werden für die Öffentlichkeit gesperrt. Eine junge Frau steht vor einem der Absperrbänder. "Ich warte hier auf meine Kollegen, wir arbeiten dort in der Behörde", sagt sie der Reporterin der Deutschen Presse-Agentur und zeigt auf ein Haus keine 20 Meter entfernt. In ihr Büro darf sie nicht. Auch ein Handwerker steht ratlos vor einer Absperrung. "Nicht schon wieder", stöhnt er.

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Der Vorfall weckt böse Erinnerungen. Es war der 22. März 2017, als in Großbritannien eine beispiellose Terrorserie begann. Tatort des ersten Anschlags: die Westminster Bridge und das Parlament. Ein Mann machte mit einem Fahrzeug in hohem Tempo gezielt Jagd auf Fußgänger auf der Brücke und erstach dann am Parlament einen Polizisten. Fünf Menschen starben. Der 52 Jahre alte Attentäter Khalid Masood wurde von Sicherheitskräften erschossen.Weitere Terrorattacken folgten - in der Hauptstadt und in Manchester. Insgesamt starben 36 Menschen.

Stunden nach dem jüngsten Vorfall steht noch nicht offiziell fest, wer der Verursacher ist. Polizisten haben ihn aus dem Fahrzeug gezogen. Der Mann sei mit hohem Tempo – "vielleicht 60 bis 80 Kilometer" – in die Absperrungen gerast, berichtet ein Zeuge dem britischen Sender BBC. Auf Fernsehbildern sind auf dem Boden liegende Radfahrer direkt vor dem Parlament zu sehen. In Lebensgefahr befindet sich den Rettungskräften zufolge aber niemand. Das Parlament ist seit dem Anschlag im März 2017 von einer Barriere aus Stahl und Beton umgeben – möglicherweise wurde dadurch noch Schlimmeres verhindert. Auch an anderen Stellen der Hauptstadt sind inzwischen die Sicherheitsvorkehrungen erheblich verstärkt worden.

Während viele Touristen geschockt an den Absperrungen stehen, nehmen die meisten Briten den neuen Vorfall nahezu gelassen. Sie folgen unaufgeregt den Anweisungen der Polizisten und drehen wieder ab. Rund um das Parlament bildet sich ein Verkehrschaos. Tausende Radfahrer und Autos versuchen, das abgesperrte Gebiet zu umgehen. "Wo machen wir jetzt unsere Besprechung?", fragen zwei Briten und machen sich daran, mit dem Handy ihre Kollegen in der Umgebung zu erreichen.