Wegen Ochsen und Hendl: Methan-Alarm auf der Wiesn

20.9.2019, 15:10 Uhr

Zu den wahrscheinlichsten Quellen für das Methan auf dem Oktoberfest gehören den TUM-Forschern zufolge nun wohl die Gasgrills und Heizstrahler. © Harald Sippel, dpa

Zur Wiesnzeit ist es auf dem Festgelände nicht nur wärmer als rundum, es steigt auch die Konzentration des Klimagases Methan. Das haben Forscher der Technischen Universität München (TUM) herausgefunden.

Sie hatten im vergangenen Jahr zum Oktoberfest gemessen und dabei im Schnitt sechsfach erhöhte Werte gegenüber der Zeit vor oder nach dem Volksfest entdeckt. Am Wochenende waren die Werte sogar achtfach erhöht. "Das war die erste Untersuchung für Methan-Emissionen bei einem Volksfest", sagte die Studienleiterin und TUM-Professorin für Umweltsensorik, Jia Chen.

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Obwohl Wirte, Schausteller und Marktkaufleute längst auf Umweltschutz und Ökologie achten und dies auch bei ihrer Zulassung für das Volksfest eine erhebliche Rolle spielt: Dass auch Methan ein Thema ist, sorgte bei vielen für Überraschung.

Weltweit einmalige Messung von Klimagasen

Die TUM-Forscher hoffen nun, den Ursachen weiter auf die Spur zu kommen und daraus Maßnahmen zu entwickeln, die Emissionen zu senken. Am Freitag - rechtzeitig zum Beginn der Wiesn 2019 - startete Chen mit ihrem Team eine nach ihrer Aussage bisher weltweit einmalige Messung von Klimagasen in München.

Die Forscher wollen dabei in den nächsten Jahren mit einem Netzwerk von fünf Stationen in und um München fortlaufend Kohlendioxid, Methan und Kohlenmonoxid erfassen. Die Konzentration der Treibhausgase soll nicht nur punktuell am Boden, sondern mit optischen Methoden in der gesamten Luftsäule bis zu 80 Kilometer über dem Messpunkt am Boden erfasst werden.

Zusammen mit Wetter- und Winddaten soll ein genaues Profil erstellt werden, wo die Quellen der Gase sind und wie sie sich über der Stadt verteilen. "Es ist wichtig, die Auswirkungen der Klimaschutzmaßnahmen messtechnisch zu beurteilen, um den Klimawandel besser zu verstehen und das Klima sinnvoller zu schützen", sagte Chen. "Man muss das gesamte Bild verstehen."

Ursache sind Gasgrills und Heizstrahler

Das Treibhausgas Methan beschleunigt die Erderwärmung über 100 Jahre gemittelt 34 Mal stärker als Kohlendioxid. Seit 2007 nimmt der weltweite Methan-Ausstoß zu, ohne dass die Gründe ganz klar sind. Zu den wahrscheinlichsten Quellen für das Methan auf dem Oktoberfest gehören den TUM-Forschern zufolge nun wohl die Gasgrills und Heizstrahler. Hinzu komme Gasverluste aus den Leitungen.

Auch Abwasser aus der Gastronomie und aus den Toiletten war zunächst im Verdacht. Doch hier sind die Forscher einen Schritt weiter. "Das ist nicht der wahrscheinlichste Grund", sagte Chen. Um die Quellen weiter zu prüfen, werden die Wissenschaftler während der Wiesn Luftproben in den Zelten entnehmen, um sie im Labor zu untersuchen.



Dass die Wiesn mit rasanten Fahrgeschäften, Buden und Bierzelten nicht gerade eine Energiespar-Veranstaltung ist, zeigen die Verbrauchswerte, die alljährlich von der Stadt veröffentlicht werden. Im vergangenen Jahr wurden 200.937 Kubikmeter Erdgas verbraucht. Der Stromverbrauch lag bei 2,93 Millionen Kilowattstunden - der Jahresverbrauch einer Kleinstadt mit 21.000 Einwohnern.

Vorreiter beim Thema Klima

Dabei ist das Volksfest Vorreiter bei klimafreundlicher Technik und Ökologie. Vielfach fließt Ökostrom, LED-Lampen erleuchten die Zelte. Das Wasser vom Spülen der Bierkrüge wird danach zur Toilettenspülung verwendet. Die Stadt berücksichtigt bei der Zulassung der Bewerber auch Punkte wie die Verwendung biologisch abbaubaren Hydrauliköls, schadstoffarme Zugmaschinen und das Produktangebot aus Öko-Anbau.

Einige Zelte haben Solardächer - etwa das Schottenhamel-Zelt. Das gesamte warme Wasser werde so gewonnen, sagt Wirt Christian Schottenhamel. Gerade wurde das Weinzelt als klimaneutraler Betrieb ausgezeichnet. Alle nicht vermeidbaren CO2-Emissionen gleicht Wirt Stephan Kuffler über Klimaschutzprojekte aus.

Dass das Volksfest sein eigenes Mikroklima mit höheren Temperaturen und höherer Luftfeuchtigkeit schafft, hatte der Bonner Meteorologe Karsten Brandt bei Messungen vor ein paar Jahren herausgefunden. Seiner Ansicht nach die Hauptursache: die vielen Menschen.