Verhungert und erfroren

Zur Vorbereitung sahen sie nur Youtube-Videos: Aussteiger-Familie stirbt in der Wildnis

28.7.2023, 14:14 Uhr

Sonnenaufgang über dem Black Canyon in Gunnison County im US-Bundesstaat Colorado. (Symbolbild) © IMAGO/xkvddesignx

Ein Wanderer macht am 9. Juli auf einem abgelegenen Campingplatz in Gunnison County im US-Bundesstaat Colorado eine schreckliche Entdeckung: Er findet die Überreste eines Menschen vor einem Zelt - darin entdeckt die Polizei zwei weitere Tote: Es sind die Leichen der Schwestern Christine (41) und Rebecca (42) Vance sowie von Rebeccas 14-jährigem Sohn. Die Körper sollen den Ermittlern zufolge verwest und teils mumifiziert gewesen sein, berichtet unter anderem die "Washington Post". Die Obduktion ergab, dass die drei wahrscheinlich an Hunger und Kälte starben – und das schon im vergangenen Winter. Doch wie konnte es dazu kommen?

Im Sommer 2022 beschließt die Familie aus Colorado Springs, am östlichen Rand der Rocky Mountains, auszusteigen und fernab der Zivilisation ein neues Leben zu beginnen. Was nach dem ultimativen Abenteuer klingt, wird allerdings für die beiden Schwestern und den Teenager zum Höllentrip. Schon als sie sich im August von Angehörigen verabschieden, keimen ernste Zweifel und Besorgnis auf. "Ich hatte Angst um sie und habe mir große Sorgen gemacht", verrät Vances Stiefschwester Trevala Jara (39) gegenüber dem US-Blatt. Die Frauen seien seit ihrer Kindheit nicht mehr zelten gewesen, sagt sie.

Trotz aller Warnungen lassen sich die Aussteigerinnen nicht umstimmen und brechen auf - wohl vor allem deshalb, weil sie einem System entkommen wollen, dem sie misstrauen. Danach verliert sich ihre Spur. Im Juli dieses Jahres tauchen sie wieder auf, alle drei tot und von den äußeren Einflüssen auf einer Höhe von über 2900 Metern gezeichnet. Ihr mangelndes Wissen über das Leben in der Wildnis war ihnen offenbar zum Verhängnis geworden. Zur Vorbereitung auf den Trip hätten die drei lediglich Youtube-Videos angesehen, sagte Jara gegenüber US-Medien. "Wie haben sie erwartet, sich zu ernähren?", klagt sie im Interview mit der "Colorado Springs Gazette", "wie wollten sie einen heranwachsenden 14-Jährigen ernähren?".

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Den Eindruck, dass das raue Hinterland Colorados die unvorbereiteten Schwestern überfordert hat, teilt auch der leitende Ermittler Michael Barnes: "Sie hatten eine Menge Literatur über das Überleben im Freien, die Nahrungssuche und Ähnliches dabei. Aber es sah so aus, als hätten sie Vorräte im Supermarkt gekauft", ergänzt er. Offenbar haben die Aussteiger am Ende verzweifelt versucht, sich in der Nähe des Gold-Creek-Campingplatzes einen Unterschlupf zu bauen. Doch als der Winter kam, gaben sie auf und campierten in ihrem Zelt. Die genaue Todesursache ist noch unklar und wird laut den Behörden erst veröffentlicht, wenn die toxikologischen Gutachten vollständig sind.