Anne Will: "Markus Söder, der Ehrenvorsitzende der Grünen"

17.11.2019, 23:19 Uhr

In Sachen Klimaschutz bezeichnete Anne Will den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder "nach seinem Einsatz für die Bienen" als, "so was wie den Ehrenvorsitzenden der Grünen." © NDR/Wolfgang Borrs

Eigentlich wollen alle dasselbe. Klimaschutz durch klimaneutrale Produktionsmethoden und die exportorientierte deutsche Wirtschaft fit für das 21. Jahrhundert machen. Doch die Wege dorthin werden durchaus sehr unterschiedlich eingeschätzt. Das beginnt schon mit der Frage, ob die Schuldenbremse nun gelockert werden soll oder nicht?

Während die Grünen darin eine Möglichkeit sehen, die Investitionen in moderne Technologien zu fördern, will Christian Lindner zunächst einmal die rund 40 Milliarden Euro Rücklagen des Bundes investieren, die nach seinen Worten bis heute nicht genutzt werden. Demgegenüber nannte Annalena Baerbock mehr als 135 Milliarden Euro Investitionsstau in den Kommunen. "Was fehlt ist eine Investitionspflicht", so Baerbock, die keinen Wegfall der Schuldenbremse verlangt, sondern eine Lockerung für umweltfreundliche Investitionen.

Werbung
Werbung

Bayerns Ministerpräsident und CSU-Vorsitzender Markus Söder fordert dagegen "Wachstumsimpulse" in Form von Steuersenkungen. Obwohl dies die Bundesregierung, an der die CSU ja beteiligt ist, nicht will, werden diese kommen, so Söder. Weiterhin sei es nötig, die Energiekosten und die bürokratischen Hürden zu senken. Publikumswirksam forderte Söder: "Vorfahrt für Freiheit und weniger Bürokratie".

Dies wollte Claudia Kemfert vom Institut für Wirtschaftsforschung so nicht stehen lassen. "Steuern senken ist eine indirekte Subvention. Das muss ja jemand bezahlen und am Ende sind es die Steuerzahler", so die Energieexpertin des Instituts. Sie kritisierte zudem, dass es nach wie vor "zukunftsschädliche Investitionen" in Deutschland gibt, die zudem noch subventioniert werden. Für sie ist es offensichtlich, dass "staatliche Investitionen die Wirtschaft anschieben" und dies sei nötig, um "zukunftsfähig zu werden."

Der FDP-Vorsitzende Lindner machte auf die "Belastungsgrenze" der Deutschen aufmerksam. Da Deutschland inzwischen bei den Abgaben und Steuern auf Platz zwei hinter Belgien liegt, forderte er die vollkommene Abschaffung des Solidaritätsbeitrags und eine "Sonderabschreibung für digitale Wirtschaftsgüter." Lindner sieht darin wichtige Bausteine, um "die deutsche Wirtschaft auf Kurs zu halten."

Automobilbranche im Wandel

Nicht fehlen durfte an diesem Abend die Diskussion um die Zukunft der Automobilindustrie, von der Söder sagte "ohne sie wird es in Deutschland wirklich schwierig." Eine Anspielung darauf, dass die Grünen auf ihrem Parteitag an diesem Wochenende beschlossen hatten, dass ab 2030 keine Pkw mit Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden sollen. Baerbock konterte, dass es den Grünen nicht um Verbote gehe, sondern darum, die "neuen Geschäftsfelder für Deutschland sattelfest zu machen."

In Sachen Klimaschutz bezeichnete Anne Will den bayerischen Ministerpräsidenten "nach seinem Einsatz für die Bienen" als, "so was wie den Ehrenvorsitzenden der Grünen." Doch beim Thema erneuerbare Energien gab es - trotz einiger Übereinstimmung - reichlich Differenzen. Vor allem die in der neuen Gesetzgebung vorgesehenen Abstandsflächen stoßen in der Windkraftbranche auf massive Kritik. Jan Christian Lorenzen, Betreiber eines Bürgerwindparks in Schafflund, sagte bei Anne Will, dass diese Gesetzgebung der Todesstoß für die Windenergie sein könnte.

Die Politiker erhitzen sich anschließend über "Geisterstrom", der zwar erzeugt, aber nicht weitergeleitet werden könne, über die "windstille Nacht" bis hin zur Dunkelflaute bei der Photovoltaik. Mit dem Ursprungsthema hatte dies zwar nicht mehr viel zu tun, aber da waren die 60 Minuten Sendezeit auch schon vorüber.