Ansbacher Amoklauf: Schüler für Verhalten geehrt

19.12.2009, 00:00 Uhr

Klar sind die Bilder noch da. Werden nachts in seinem Kopf lebendig. Reißen ihn aus dem Schlaf. Diese Bilder, die sein Unterbewusstsein seit dem 17. September speichert. Diese Bilder vom Amoklauf in Ansbach. Offen gibt der 19-jährige Johannes Knoblach zu, dass er die Geschehnisse der letzten drei Monate noch nicht verarbeitet hat. Da war zum einen der Amoklauf seines gleichaltrigen Mitschülers, der mit Messern, Molotow-Cocktails und einem Beil bewaffnet in die Schule gekommen war, um andere und sich selbst zu töten. Der Plan scheiterte. Doch der Angreifer verletzte zwei Mädchen schwer und sieben weitere Schüler sowie eine Lehrerin leicht.

«Ich sehe mich nicht als Held«

Da ist zum anderen der Rummel um Knoblach selbst. Ein Rummel, den sich der 19-Jährige mit seinem Verhalten während des Amoklaufs eingehandelt hat. Als «Held von Ansbach« wird er seitdem bezeichnet, es hilft wenig, dass er das abwehrt. Der Landesfeuerwehrverband hat ihn, der sich seit sechs Jahren in der Freiwilligen Feuerwehr Herrieden engagiert, mit der silbernen Ehrennadel ausgezeichnet. Und nun verlieh ihm Bayerns Innenminister Joachim Herrmann die Medaille für Verdienste um die Innere Sicherheit. «Ich sehe mich nicht als Held«, sagte Knoblach dabei wieder. «Es ist mir eher peinlich, durch ein so schlimmes Ereignis bekannt geworden zu sein.« Er hatte am 17. September in der Mensa im Erdgeschoss des Carolinums gesessen, als Schüler an ihm vorbeirannten. Er hörte Schreie und den Satz: «Da wirft jemand Molotow-Cocktails.«

Per Handy setzte er einen Notruf ab. Dann ging er mutig nach oben, dorthin, wo der Amokläufer unterwegs war, löschte kleine Brände auf dem Flur und in einem Klassenzimmer. Er traf auf Polizisten, die elf Minuten nach dem Alarm da waren. Als sie den Amokläufer überwältigten und dabei verletzten, suchte Knoblach nach Verbandszeug. Dann aber schickten ihn andere Polizisten hinaus. Der schnelle Notruf des 19-Jährigen war nicht der einzige gewesen. Mehrere gingen fast zeitgleich bei der Polizei ein. Im Direktorat hatte zudem die Sekretärin Feueralarm ausgelöst, der dafür sorgte, dass die Schüler, die von der Gefahr gar nichts mitbekommen hatten, das Gebäude verließen. «Bei uns hat Zivilcourage eine große Rolle gespielt«, sagt Schulleiter Franz Stark und lobt: «Man hat schnell gehandelt und gemacht, was man für richtig gehalten hat.«

Wenn Johannes Knoblach im Mai das Abitur hinter sich gebracht hat, will er Schauspieler werden. Will also auf andere Art bekannt werden. Im Juni darf er an einer Schule in Wien vorsprechen. Ob die Bilder im Kopf dann verschwunden sind? Er hofft, dass der gestrige Ehrentag einen Abschluss bedeutet.