Das Kunststück der Balance

13.7.2007, 00:00 Uhr

Mit ihrer Kontenabfrage für Finanz- und Sozialbehörden, so hat das Bundesverfassungsgericht jetzt einerseits entschieden, war die damalige rot-grüne Bundesregierung durchaus auf dem richtigen Weg. Denn eine Bankverbindung ist gewiss kein besonders schützenswertes persönliches Geheimnis. Außerdem dürfen die Beamten erst auf den zentralen Datenpool zugreifen, wenn jemand vorher mit den Zweifeln an seiner Steuererklärung oder seinem Leistungsantrag konfrontiert wurde und sie nicht ausräumen konnte. Einer der Kläger, Chef der Volksbank im westfälischen Raesfeld, hat das zwar mit den diskutierten heimlichen Online-Durchsuchungen von Computern verglichen. Doch das ist absurd; es hat eine völlig andere Qualität, wenn vielleicht vertrauliche E-Mails gelesen oder intime Fotos der Partnerin begutachtet werden.

Trotzdem hat Karlsruhe andererseits handwerkliche Fehler gerügt: Sozialbehörden durften sich bislang viel zu großzügig im Datenpool bedienen, und hier muss das Parlament nachbessern. Außerdem kann gegen staatliches Handeln nur vorgehen, wer davon weiß - deshalb müssen wissbegierige Fragesteller den betroffenen Bürgern begründen, was sie weshalb getan haben.

Hier wollen die Verfassungsrichter bei der schwierigen Balance zwischen der Wissbegierde des Staates und der Privatsphäre des Einzelnen wichtige Nachbesserungen sehen. Sie werden Beamte dazu zwingen, einen Moment länger über die Verhältnismäßigkeit nachzudenken - und das ist gut so. Es zeigt: Anders als im Leben und in der Politik kann Klagen vor Gericht durchaus Erfolg bringen.