Deutschlands neue First Lady kommt aus Nürnberg

21.2.2012, 08:00 Uhr

Nach einem kurzen Moment der Verwunderung, den meist ein herzhaft-helles Lachen begleitete, setzte sich die Ressortleiterin Innenpolitik für gewöhnlich an ihren Computer und ordnete dort die Ereignisse in die Weltläufe ein: präzise, analytisch und immer verständlich.

Auch jetzt hat das politische Geschehen Daniela Schadt ein wenig überrannt, wie so oft in ihrer Karriere. Nur: Dieses Mal wird die Journalistin hingegen keine Zeile schreiben – denn nun steht sie im Mittelpunkt, wird voraussichtlich nach dem 18.März als First Lady in den Berliner Präsidentensitz einziehen.

„Ein bisschen unwirklich“ sei für sie der Gedanke daran noch, gibt sie zu. Am Tag eins nach der Bekanntgabe ist ihr die Überraschung noch anzumerken. Sie habe von der Nominierung im Zug erfahren, irgendwo zwischen Wien und Nürnberg. Den Sonntag verbrachte sie noch in der österreichischen Hauptstadt – gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Joachim Gauck.

Wie schon so oft in der Vergangenheit trennten sich auch an jenem Nachmittag ihre Wege: Daniela Schadt setzte sich in den Zug nach Nürnberg, Joachim Gauck ins Flugzeug in Richtung Berlin. Was beide zu dem Zeitpunkt nicht wissen: In eben jenen Minuten stimmt Kanzlerin Angela Merkel doch noch Joachim Gauck als Präsidentschaftskandidat zu.

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„Allmächt“ habe sie gedacht, als ihre Mutter sie übers Handy auf den neuesten Stand der Dinge bringt – darüber informiert, dass sie wahrscheinlich die nächste First Lady sein wird. An dem fränkischen Ausruf freilich erkennt man leicht die Sozialisation der gebürtigen Hessin: In Nürnberg und der NZ-Redaktion hat die 52-Jährige längst eine zweite Heimat gefunden – wenngleich sie die Vorzüge von grüner Soße und Äppelwoi immer wieder gerne hervorhebt.

Hanau in Hessen und Nürnberg in Franken: Pendeln gehört für die leidenschaftliche Bahnfahrerin zum Leben. Mit der Beziehung zu Joachim Gauck, den sie bei einem Termin in Nürnberg kennengelernt hatte, bekam ihr persönlicher „Fahrplan“ eine weitere Station. Über zehn Jahre bewegte sie sich für ihre Fernbeziehung quer durch die Republik. Ihr Unterwegs-Sein war für die Kollegen leicht zu erkennen: an großen Reisetaschen, die sie geschickt auf dem Fahrrad balancierte und im Büro lagerte.

Das Pendeln wird künftig wohl wegfallen. Was aber wirklich auf sie zukommt, vermag sie sich noch nicht recht vorzustellen: „Ich muss mich noch ein bisschen sortieren“, sagt sie – und zeigt dabei ihr unwiderstehliches Lächeln. Sicher werde sich jetzt für sie viel ändern, meint sie. Aber so richtig wahrhaben kann sie die Umstellung noch nicht. Die Vorstellung, mit Michelle Obama beim Damenprogramm zu sitzen, sei für sie bislang noch sehr abstrakt.

Aus dem Abstrakten aber kann schnell Realität werden. Noch vor wenigen Tagen erschien ihr die Aussicht, als First Lady nach Berlin zu gehen, sehr gering. Auch Gauck, den Daniela Schadt meistens „den Jochen“ nennt, sei von der Entscheidung überrascht gewesen. „Wir haben uns natürlich mit dem Thema auseinandergesetzt“, berichtet sie. Immerhin standen die beiden schon einmal kurz vor den Toren des Präsidenten-Wohnsitzes. Damals, im Sommer 2010, sei sie zwar schon ein klein wenig erleichtert gewesen, als sie nach den turbulenten Wochen „ganz normal“ zur NZ zurückkehrte, sagt sie; jetzt aber freue sie sich über die neue Aufgabe – und auch die Ehre, die Joachim Gauck zuteil wird.

„Ganz normal“ wird Daniela Schadt sicher auch als First Lady bleiben; ihre intelligente, offene Art macht keine Unterschiede. Ihre Gespräche – ob für den Nürnberger Presseclub oder die NZ – führte sie stets mit der gleichen freundlichen Hartnäckigkeit. Selbst jetzt, wo sie erneut ins Rampenlicht gerückt ist, versucht sie, es allen recht zu machen.

Da ihr Mobiltelefon fast ohne Pause klingelte, muss sie es vorübergehend abschalten. Journalisten, Freunde, Bekannte – alle gratulieren, stellen Fragen. Mit „Jochen“, sagt sie, hat sie seitdem nur ganz kurz telefoniert. In den nächsten Wochen wird sie das nicht mehr brauchen. Schon heute fährt sie nach Berlin, zu Joachim Gauck, ihrem Lebensgefährten – dem künftigen Bundespräsidenten.