Die deutsche Sehnsucht nach neuen Politiker-Typen

17.1.2018, 11:40 Uhr

Wer die Diskussionen in den sozialen Netzwerken verfolgt, dem entgeht es nicht: Viele Deutsche blicken mit einer gewissen Sehnsucht wahlweise - und je nach ihrer politischen Einstellung - gen Österreich, Frankreich oder Kanada. In diesen Ländern haben drei Männer eine Polit-Euphorie entfacht - und es bereits in jungen Jahren an die Spitze geschafft: Sebastian Kurz (31) in Österreich, Emmanuel Macron (40) in Frankreich und Justin Trudeau (46) in Kanada.

Geschickte Inszenierung

Sie verkörpern einen neuen Stil, nicht nur des Alters wegen. Sie haben ein untrügliches Gespür für den begeisternden Auftritt und die große Geste, geben sich gleichzeitig aber nahbar - freilich auch durch eine geschickte Inszenierung in den sozialen Netzwerken. Vor allem Kurz und Macron wussten die Parteienmüdigkeit vieler Wähler geschickt zu nutzen und scharten eigene "Bewegungen" um sich. Mit Erfolg.

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Die Sehnsucht nach einem deutschen Macron/Kurz/Trudeau (eine Sehnsucht, die sich - nebenbei bemerkt - in einer anderen Ausprägung oft auch in Nostalgie niederschlägt und dem Satz, früher hätte es in der Politik ja noch echte Typen gegeben) nährt auch der krasse Kontrast zur gegenwärtigen Bundespolitik: Die Kanzlerin ist seit gefühlten Ewigkeiten im Amt, das zieht automatisch Ermüdungserscheinungen nach sich. Mit ihrem pragmatischen Stil und unprätentiösen Auftreten hat Angela Merkel auch sonst nicht viel gemein mit der neuen Politiker-Garde um Macron und Kurz, den sie am Mittwoch in Berlin trifft.

Hang zur Selbstherrlichkeit?

Ob Frankreich, Österreich und auch Kanada mit diesen Persönlichkeiten an der Spitze - denen allen drei schon Selbstherrlichkeit vorgeworfen wurde - auf lange Sicht besser fahren als ein Land, das vergleichsweise unaufgeregt und nüchtern regiert wird, ist dabei eine ganz andere Frage. Eine Frage, die die Bundesrepublik aber ohnehin erst einmal nicht beantworten muss - denn bislang ist kein deutscher Macron in Sicht.

Und der letzte deutsche Politiker, der so etwas wie einen Begeisterungssturm auslöste, war schnell wieder weg - und es ist unklar, ob und wann dieser Mann - er heißt Karl-Theodor zu Guttenberg -  jemals zurückkehrt.