Fränkische Kletter-Ikone ringt mit dem Tod

28.9.2010, 18:50 Uhr

Es war alles andere als eine klettertechnische Herausforderung, die dem 56-Jährigen zum Verhängnis wurde. Als Begleiter einer 17-köpfigen Gruppe, die den Klettersteig als firmeninternes Motivationstraining absolvieren sollte, war Albert im ersten Teil des Höhenglückssteigs unterwegs und stürzte aus bisher ungeklärter Ursache ab. Der Klettersteig zwischen Hirschbach und Neutras gilt bis auf den dritten Teil gemeinhin als unschwierig und wird auch gerne von Jugendgruppen und Anfängern begangen. Im Normalfall sei der Steig sicher, betonen die Verantwortlichen vom Alpenverein und dem Fränkische Alb Verein, die sich um den Zustand der Klettersteige im Hirschbachtal kümmern.

Dennoch wird der Höhenglücksteig von Bergrettern auch gerne als „Höhenunglücksteig“ verunglimpft. Fast jedes Jahr stürzen hier oder im benachbarten Noris-steig Unachtsame und verletzen sich schwer oder sterben. Erst vor zwei Wochen konnte ein 29 Jahre alter Bergsteiger aus der Oberpfalz nur tot von der Bergwacht geborgen werden, nachdem er im Norissteig an der Mittelbergwand 30 Meter in die Tiefe gestürzt war. Im vergangenen Jahr fiel eine Frau im dritten Teil des Höhenglücksteigs und wurde lebensgefährlich verletzt. Im Jahr zuvor starb ebenda ein Bergsteiger. Immer wieder muss zudem die Bergwacht ausrücken, um erschöpfte Klettersteiggeher aus der Wand zu retten.

„Das größte Problem ist, wenn die Leute ohne Sicherung und Helm einsteigen“, sagt Iris Zelnhöfer, Bereitschaftsleiterin bei der Bergwacht Nürnberg, die für diesen Abschnitt im Frankenjura zuständig ist und auch beim Unfall am Sonntag im Einsatz war. Warum Kurt Albert in dem für ihn so leichten Gelände stürzte, kann Zelnhöfer nicht abschließend erklären. Die Ermittlungen zur Unfallursache laufen noch. Dass Kurt Albert nicht gesichert war, liegt allerdings auf der Hand. „Fremdverschulden wird ausgeschlossen“, sagt die Polizei. Wahrscheinlich war es eine Unachtsamkeit des Profis. „Klettern ist nun mal ein Risikosport“, sagte Albert selbst vor gut einem Jahr in einem Gespräch mit dieser Zeitung.

„Wir wurden um 12.15 Uhr zum Einsatz gerufen“, berichtet Bereitschaftsleiterin Zelnhöfer vom Sonntag. Da die Bergwachthütte am Schwarzen Brand besetzt war, konnten die Retter in 15 Minuten an der Unglücksstelle sein und erste Hilfe leisten. Der Rettungshubschrauber Christoph 27 von der Nürnberger DRF-Luftrettung brachte Albert dann ins Krankenhaus, wo er nach wie vor auf der Intensivstation liegt und beatmet wird.

Nicht nur für fränkische Bergsteiger ist Albert eine Ikone. Bereits als Teenager kletterte er die alpinen Klassiker, den Walker Pfeiler an der Grand Jorasses, die Kult-Route „Hemming Robbins“ an der Petit Dru Westwand, die Eiger Nordwand. Mit Freunden gründete Albert, der mittlerweile in Gasseldorf lebt, die „Rotpunktbewegung“, die bald das Verständnis vom Klettern in der ganzen Welt verändern sollte (mehr im Info-Kasten). Keimzelle der Bewegung war die Fränkische Schweiz, die in den 80er Jahren zum Mekka des Sportkletterns avancierte. Ihre Ikonen waren Albert und sein Freund Wolfgang Güllich, der 1992 bei einem Verkehrsunfall starb, und den viele bis heute für den besten Kletterer aller Zeiten halten. Die Namen Albert und Güllich sind Bergsteigern ein Begriff – von Patagonien bis ins Himalaya.

Die Nachricht von Kurt Alberts Unfall schockte die globale Klettergemeinde. Am Dienstag waren Falschmeldungen im Internet aufgetaucht, wonach die Kletterikone gestorben sei. Inzwischen haben die Portale diese Meldung widerrufen und die einschlägigen Foren sind voll von Genesungswünschen. So schreibt ein Gast auf Bergleben.de: „Kämpfe um Dein Leben. Sei jetzt so stark wie beim Klettern.“

Werbung
Werbung