Grenell tritt auf wie ein Kolonialherr

6.6.2018, 11:14 Uhr

Richard Grenell ist neuer US-Botschafter in Deutschland. © Richard Drew/AP (dpa)

Einen solchen Botschafter hat noch keine US-Regierung nach Deutschland geschickt. Natürlich wissen wir nicht, was ihm sein Chef, "America first"-Präsident Donald Trump, mit auf den Weg gegeben hat. Aber vielleicht sollte jemand dem guten Mann mal sagen, dass er Botschafter in Deutschland ist, nicht Statthalter einer Kolonialmacht. Es wäre hilfreich für die Kommunikation.

Bisher jedenfalls lässt Richard Grenell so gar kein Fettnäpfchen aus, je größer, desto besser. Dass er nun die rechtsradikale Dreckschleuder Breitbart genutzt hat, um den störrischen Deutschen zu erklären, sie sollten endlich ihren Verteidigungsetat kräftig hochfahren, deutet an, dass die ersten verärgerten Reaktionen in Berlin bei ihm keinesfalls zu irgendwelchen Selbstzweifeln geführt haben. Der Kasernenton scheint ihm zu liegen.

Werbung
Werbung

Vielleicht sollte die Bundesregierung die vornehme Zurückhaltung aufgeben, wenn Grenell heute ins Außenamt kommt. Der Neue bettelt geradezu um einen – selbstverständlich diplomatischen – Tritt vors Schienbein. Als Grenell sein Gastland schon am ersten Amtstag wissen ließ, es solle gefälligst sämtliche Geschäfte mit dem Iran einstellen, blieb es Ex-Botschafter Wolfgang Ischinger – heute Chef der Münchner Sicherheitskonferenz – vorbehalten, die Irritation in Worte zu kleiden. Mit der Erfahrung seines Lebens riet er dem Amerikaner, was sein Job wäre: "Sagen Sie dem Gastland nie, was es zu tun hat, wenn Sie keinen Ärger wollen." Das hat offenkundig nicht gefruchtet. Grenell braucht deutlichere Ansagen.